Sie kennen sicher die Situation, in der der Mandant nach den Erfolgsaussichten in seiner Sache fragt.
Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, in dem alle anwaltlich vorgebrachten Gesichtspunkte, also das Für und Wider einer Auseinandersetzung, abgewogen werden müssen. Die Rechnung ist dabei relativ einfach: Mit zunehmendem Streitwert steigt auch das finanzielle Risiko für den Mandanten.
Genau diese ungewisse Situation über den Ausgang einer Auseinandersetzung hat in der Vergangenheit geradezu zwangsläufig zu der Überlegung geführt, die Vergütung des Anwalts von dem Ergebnis der Auseinandersetzung bzw. dem Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig zu machen. Ein solches Erfolgshonorar war allerdings bislang nach § 49 Abs. 2 BRAO ebenso unzulässig, wie die Vereinbarung, dass der Anwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhalten soll (sog. quota-litis-Vereinbarung).
In einer Grundsatzentscheidung hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare in seiner bisherigen Regelung des § 49 Abs. 2 S. 1,2 BRAO für verfassungswidrig erklärt (Urteil v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 – NJW 2007, 979 ff.) und dies wie folgt begründet:
Das Verbot eines Erfolgshonorars stelle einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Anwaltes dar. Ein solcher Eingriff könne durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein, wenn er auf vernünftigen Erwägungen beruhe, und zur Zielerreichung geeignet und erforderlich sei.
Zunächst sei, so das Bundesverfassungsgericht, der Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit gemäß §§ 1, 3 BRAO und damit eine funktionierende Rechtspflege ein legitimes gesetzgeberisches Ziel. Diese Unabhängigkeit könne dadurch gefährdet werden, dass die Vereinbarung eines Erfolgshonorars rein wirtschaftliche Erwägungen bei Führung einer Sache in den Vordergrund stellt. Des Weiteren soll durch das Verbot von Erfolgshonoraren der Rechtssuchende vor überhöhten Vergütungssätzen geschützt werden. Schließlich geht das Gericht davon aus, dass der Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit gefährdet werden könne, weil ein Beklagter – im Gegensatz zu einem Kläger – nicht über die Möglichkeit verfüge, sein Kostenrisiko auf vergleichbare Art zu verlagern.
Das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Entscheidung des Weiteren davon aus, dass es sich bei dem Verbot von Erfolgshonoraren um ein geeignetes Instrumentarium handelt, das auch erforderlich sei, da der Gesetzgeber keine gleichwertige Möglichkeit habe, die prozessuale Stellung der Parteien zu wahren.
Indes – und dies ist das Bedeutsame der Entscheidung – bestehen hinsichtlich der Angemessenheit der Regelung erhebliche Bedenken, da eine Ausnahme von dem Verbot des Erfolgshonorars im Einzelfall bislang nicht vorgesehen ist. So könne nämlich das Verbot dazu führen, dass der rechtsuchende Mandant, der keine Prozesskosten- oder Beratungshilfe in Anspruch nehmen kann, von der Wahrnehmung seiner Rechte abgehalten wird. Das Verbot fördere damit nicht die Rechtschutzgewährung, sondern erschwere sie.
Bis zum 30.06.2008 ist der Gesetzgeber aufgefordert eine Neuregelung zu schaffen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht. Derzeit ist beabsichtigt, ein Erfolgshonorar im bestimmten Fällen für zulässig zu erklären, wenn damit den besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird. Es sollen die Fälle erfasst werden, in denen ein Mandant in Anbetracht seiner wirtschaftlichen Verhältnisse vernünftigerweise von einer Rechtsverfolgung absehen würde.
Ein solcher Fall könnte beispielsweise bei der Durchsetzung einer hohen Schmerzensgeldforderung oder der Geltendmachung eines hohen Sachschadens bei unklarer Haftungslage vorliegen. Die Höhe eines Schmerzensgeldes ist immer von dem jeweiligen Einzelfall abhängig. Auch geben Schmerzensgeldtabellen allenfalls einen Anhaltspunkt für die Höhe der geltend zu machenden Forderung. Dieser Ungewissheit wird auch dadurch Rechnung getragen, dass üblicherweise die Höhe des Schmerzensgeldes antragsmäßig in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird. Dies sind typische Konstellationen im Straßenverkehrsrecht, in denen insbesondere (Selbstzahler-)Mandanten intensiv abwägen, welche Risiken für sie bei einer Rechtsverfolgung bestehen.
Praxishinweise:
Den Rechtsanwalt treffen bei der Vereinbarung eines Erfolgshonorars zukünftig weitere Aufklärungs- und Hinweispflichten. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass der Mandant eine solche erfolgsabhängige Vereinbarung nicht vorschnell und in Unkenntnis der wirtschaftlichen Folgen abschließt.
Daher gilt:
- Eine Vergütungsvereinbarung muss zwingend schriftlich abgeschlossen werden.
- Der Rechtsanwalt wird verpflichtet, in der Honorarvereinbarung die Vergütung anzugeben, die er ohne ein Erfolgshonorar erhalten würde.
- Der Zuschlag, der im Erfolgsfall zusätzlich zu dieser Vergütung geltend gemacht werden soll, ist zu beziffern.
- In Anbetracht dessen, dass das Bundesverfassungsgericht nicht allein auf die wirtschaftlichen Gesichtspunkte abstellt, sondern auch das Kostenrisiko und seine Bewertung berücksichtigt wissen will, empfiehlt es sich grundsätzlich immer, diese Punkte dem Mandanten gegenüber schriftlich festzuhalten.
Hintergrundinformationen:
Vereinbarung von Erfolgshonoraren künftig im Einzelfall zulässig
DAV Stellungnahme zum Referentenentwurf über Erfolgshonorare
Referentenentwurf
Quelle: RA Schäfer - Beitrag vom 10.01.08