SG Speyer, Urt. v. 24.01.2012 - S 15 U 40/10
Rutscht ein Rettungssanitäter auf dem Weg in die Dusche auf seiner Dienststelle vor Aufnahme der beruflichen Tätigkeit aus, kann ein Arbeitsunfall im Sinne der Unfallversicherung vorliegen. Dies ist jedenfalls der Fall, wenn ein Rettungssanitäter in den Sommermonaten den über sieben Kilometer langen Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad zurückgelegt hat und das Duschen aus der Sicht des Rettungssanitäters notwendig war, um für seine Tätigkeit einsatzfähig zu sein. Das Gericht hat der Klage eines Rettungssanitäters stattgegeben und festgestellt, dass der Sturz des Klägers einen Arbeitsunfall im Sinne des Unfallversicherungsrechts darstellt. {DB:tt_content:2566:bodytext}
Darum geht es
Der Kläger ist beruflich als Rettungssanitäter tätig. Er fuhr im Sommer mit dem Fahrrad zur Arbeit und legte hierbei eine Strecke von über sieben Kilometern zurück.
Er beabsichtigte auf seiner Dienststelle zu duschen, da er dies wegen des potentiellen Körperkontaktes mit Patienten für notwendig hielt, um für seine Tätigkeit als Rettungsassistent einsatzfähig zu sein. Auf dem Weg in die Dusche stürzte der Kläger und zog sich eine Gelenkverletzung am Fuß zu. Die beklagte Unfallkasse lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da der Duschvorgang nicht der dienstlichen Tätigkeit zuzurechnen sei. Das Risiko, sich beim Duschen zu verletzen, bestehe auch im häuslichen Umfeld.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Gericht gab der hiergegen erhobenen Klage statt und stellte fest, dass ein Arbeitsunfall vorliegt. Das Duschen stellt im vorliegenden Fall eine so genannte gemischte Tätigkeit im Sinne der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum Arbeitsunfall dar, da es sowohl unversicherten privaten als auch versicherten dienstlichen Zwecken dient. Während das Duschen vor oder nach der Arbeit in der Regel nicht als versicherte Tätigkeit anerkannt wird, da ein dienstliches Bedürfnis hierfür verneint wird und das private Hygienebedürfnis im Vordergrund steht, stand der Duschvorgang auf der Dienststelle des Klägers im inneren Zusammenhang mit dessen dienstlicher Tätigkeit als Rettungsassistent und diente nach der Vorstellung des Klägers wesentlich der beruflichen Tätigkeit. Das Duschen war zwar nicht Teil der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen, diente jedoch der Herstellung der Einsatzfähigkeit des Klägers für seine Tätigkeit als Rettungsassistent. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es der Tätigkeit des Rettungsassistenten immanent ist, dass engster Körperkontakt mit Patienten auftritt. Das parallel bestehende private Bedürfnis des Klägers, sich körperlich zu reinigen, steht der Einstufung als Arbeitsunfall vorliegend aufgrund der wesentlichen dienenden Funktion des Duschens für die betrieblichen Interessen nicht entgegen.
Quelle: SG Speyer, Pressemitteilung - vom 02.04.12