SG Aachen, Urt. v. 20.07.2011 - S 5 AS 177/11
SG Aachen, Urt. v. 20.07.2011 - S 5 AS 475/11
SG Aachen, Urt. v. 20.12.2011 - S 2 AS 277/11
SG Aachen, Urt. v. 13.12.2011 - S 20 SO 79/11
SG Aachen, Urt. v. 20.01.2012 - S 19 SO 108/11
Die zum 01.01.2011 durch eine Gesetzesänderung neu festgelegten Regelsätze für die Bezieher von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende) sowie nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe) sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies hat das Sozialgericht Aachen in mehreren aktuellen Entscheidungen festgestellt.{DB:tt_content:2566:bodytext}
Die Kläger hatten jeweils vorgetragen, die Neuregelungen genügten nicht den vom Bundesverfassungsgericht im Februar 2010 aufgestellten Vorgaben. Insbesondere seien die vom Gesetzgeber für Haushaltsangehörige Personen berücksichtigten Einsparungen nicht ausreichend belegt. Zudem fehle es an einer tragfähigen Begründung für die Bemessung der Regelsätze. Schließlich erhielten dauerhaft erwerbsgeminderte Leistungsbezieher, welche im Haushalt ihrer Eltern leben, lediglich die geringere Regelbedarfsstufe 3, während erwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter bestimmten Voraussetzungen der volle Satz der Regelbedarfsstufe 1 zustehe.
Die Aachener Richter vermochten sich dem nicht anzuschließen. Die Neuregelungen beruhten auf einer vom Gesetzgeber in Auftrag gegebenen Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008, welche das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung empirisch abbilde. Angesichts des Einschätzungsspielraums des Parlaments könne die Festlegung der Regelsätze nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einem sachgerechten und transparenten Verfahren beruhe. Dies aber sei für die zum 01.01.2011 in Kraft getretenen Neuregelungen der Fall.
Auch eine verfassungswidrige Benachteiligung dauerhaft erwerbsgeminderter Leistungsbezieher, welche im Haushalt ihrer Eltern leben, sei nicht gegeben. Denn von den erwerbsfähigen Empfängern der Grundsicherung für Arbeitsuchende würden permanente Bemühungen erwartet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Verletzungen dieser Pflichten zögen gravierende Sanktionen bis hin zu empfindlichen Leistungskürzungen nach sich. Dieser Umstand verlange von den erwerbsfähigen Leistungsempfängern ein erhöhtes Maß an Eigenverantwortung und wirtschaftlicher Beweglichkeit, weshalb die Anerkennung eines höheren Regelsatzes gerechtfertigt erscheine. Demgegenüber würden dauerhaft voll erwerbsgeminderte Leistungsbezieher nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gezwungen.
In allen genannten Entscheidungen haben die Richter die Berufung zum Landessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Quelle: SG Aachen, Pressemitteilung - vom 01.03.12