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VW-Gesetz nicht konform mit EuGH-Urteil

Die EU-Kommission hat beschlossen, ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten.

Grund ist die nicht erfolgte Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 23. Oktober 2007 über das 1960 erlassene Volkswagen-Privatisierungsgesetz (VW-Gesetz).

Der Gerichtshof hatte in seinem Urteil festgestellt, dass das VW-Gesetz drei Bestimmungen enthält, die dem deutschen Staat (dem Land Niedersachsen und möglicherweise auch dem Bund) ungerechtfertigte Sonderrechte verleihen. Deutschland hat mit der Beibehaltung dieser Vorschriften gegen die in Artikel 56 verankerte Kapitalverkehrsfreiheit und damit gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen.

Das Auskunftsersuchen über die Umsetzung des EuGH-Urteils durch Deutschland ergeht in Form eines „offiziellen Aufforderungsschreibens“ gemäß den Verfahren, die der EG-Vertrag bei Nichtbefolgung von EuGH-Urteilen vorsieht (Artikel 228). Kommen die deutschen Behörden dem Urteil von 2007 nicht nach, kann der Gerichtshof eine Geldbuße verhängen.

Am 23. Oktober 2007 urteilte der Europäische Gerichtshof (Rechtssache C-112/05), dass „die Bundesrepublik Deutschland … dadurch, dass sie § 4 Abs. 1 sowie § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte an der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private Hand vom 21. Juli 1960 … beibehalten hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 56 Abs. 1 EG-Vertrag“, der die Freiheit des Kapitalverkehrs garantiert, „verstoßen (hat)“.

Die folgenden drei Bestimmungen des VW-Gesetzes (die sich auch in der Satzung des Unternehmens wiederfinden) verleihen der öffentlichen Hand (dem Land Niedersachen und möglicherweise auch dem Bund) folgende besondere Rechte: automatische Vertretung der öffentlichen Hand im Verwaltungsrat nach § 4 Abs. 1 VW-Gesetz (Art. 12 der Satzung in der Fassung vom März 2006), Begrenzung des Stimmrechts auf 20 Prozent durch § 2 Abs. 1 VW-Gesetz (Art. 24 Abs. 1 Satz 3 und Art. 25 der Satzung) sowie Festlegung der Sperrminorität auf 20 Prozent durch § 4 Abs. 3 VW-Gesetz (Art. 26 Abs. 2 der Satzung).

Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass die oben genannten Bestimmungen des VW-Gesetzes mit der gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit im Sinne der Artikel 56 und 43 EG-Vertrag nicht vereinbar sind, da sie Anleger aus anderen Mitgliedstaaten davon abhalten können, eine Beteiligung an der Volkswagen AG zu erwerben, und daher die Wahrnehmung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten beeinträchtigen.

Stellt der Gerichtshof fest, dass ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, so hat dieser Staat nach Artikel 228 Absatz 1 die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben. Bislang hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften keine hinreichend detaillierten Informationen darüber erhalten, mit welchen Maßnahmen die deutsche Regierung das Urteil vom 23. Oktober 2007 umzusetzen gedenkt. Sie ist daher der Auffassung, dass Deutschland gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 228 Absatz 1 verstoßen hat.

Quelle: Europ. Kommission - Pressemitteilung vom 05.06.08