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Voraussetzung der Änderung eines Versicherungsvertrags

Bei einer Erweiterung der versicherten Leistungen innerhalb eines bestehenden Versicherungsvertrages muss die Versicherung eindeutig zum Ausdruck bringen, dass es sich um einen vollständigen Tarifwechsel handelt.

Ansonsten gelten Wartezeiten und summenmäßige Beschränkungen nur für den neu dazu gekommenen Teil.

Die spätere Klägerin hatte bei einer Krankenversicherung eine Zusatzversicherung für Zahnbehandlung unter dem Tarif 283. Danach wurden ihr 50 % der Aufwendungen für medizinisch notwendige zahnärztliche Behandlungen erstattet.

Im November 2005 vereinbarte sie mit ihrer Versicherung einen neuen Tarif, nämlich Z100, wonach ihr 100 % für Zahnersatzkosten ohne privatärztliche Vergütungsanteile und 80 % der Zahnersatzkosten mit privatärztlichen Vergütungsanteilen erstattet werden sollten. Der Ersatz der Kosten wurde für das erste Jahr ab Abschluss des Vertrages auf 500 € Höchstgrenze beschränkt, im zweiten Jahr sollten höchsten 1000 € ersetzt werden. In einem Nachtrag zum Versicherungsschein fand sich die Klausel: „Aufgrund der Vertragsänderung ergeben sich für den hinzukommenden Teil des Versicherungsschutzes Wartezeiten.“

Im Jahr 2006 musste die Versicherungsnehmerin zweimal den Zahnarzt aufsuchen und bekam dafür einmal 2742,50 € und einmal 1368,79 € in Rechnung gestellt.

Unter Berufung auf die summenmäßige Begrenzung im ersten Jahr zahlte die Versicherung nur 500 €.

Die Versicherungsnehmerin war der Ansicht, ihr stünden 50 % der Rechnungen nach dem alten Tarif sowie die 500 € nach dem neuen Tarif zu, da die Wartezeiten sich nur auf die Vertragserweiterung bezöge und klagte vor dem AG München.

Die zuständige Richterin gab ihr Recht:
Natürlich sei es möglich, einem Versicherungsnehmer einen vollständig neuen Tarif mit neuen Wartezeiten und Höchstbeträgen anzubieten. Das müsste aber in eindeutiger Weise geschehen.

Sei ein Vertrag nicht in derart eindeutiger Weise abgefasst, müsste bei der Auslegung auf den objektiven Empfängerhorizont eines vernünftigen Versicherungsnehmers unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessenlage abgestellt werden. Dabei müsse, da die Versicherung allgemeine Geschäftsbedingungen verwende, bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten die verbraucherfreundliche gewählt werden.

Danach habe die Klägerin die Regelung so verstehen dürfen, dass die Höchstbeträge sich nur auf den hinzukommenden Teil beziehen. Schließlich hätten die Wartezeiten sich ebenfalls nur auf den neuen Tarif bezogen. Das entspräche auch lebensnaher Betrachtung, denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer wolle durch die Zahlung höherer Beiträge regelmäßig seinen Versicherungsschutz verbessern, nicht verschlechtern. Dies gelte auch dann, wenn die Verschlechterung zeitlich begrenzt sei. Eine Gefahr, dass der Versicherungsnehmer wegen anstehender Zahnbehandlungen kurzfristig in einen besseren Tarif wechsle, könne das Gericht nicht erkennen. Die unbegrenzte Kostenerstattung gelte nur für den bereits länger vereinbarten Teil, indem Wartezeiten und Höchstbeträge bereits abgelaufen und für den entsprechende Beiträge bezahlt seien.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: AG München - Pressemitteilung vom 01.12.08