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Onlinedurchsuchung bei Strafverfolgung?

Nachdem die Bundesregierung mit dem BKA-Gesetz auch die so genannte Onlinedurchsuchung zur präventiven Terrorabwehr beschlossen hat, schlägt das Land Bayern jetzt vor, dieses Mittel künftig auch bei der repressiven Strafverfolgung zu verwenden.

Ein entsprechender Gesetzentwurf soll auf Initiative Bayerns vom Bundesrat in den Bundestag eingebracht werden. In der Begründung beruft sich der Entwurf im Wesentlichen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz. In dieser Entscheidung hat das Karlsruher Gericht enge Vorgaben für eine gesetzliche Regelung der Onlinedurchsuchung gemacht.

So muss das Gesetz, das zu einem solchen Eingriff ermächtigt, Vorkehrungen enthalten, um den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu schützen.

Der jetzt von Bayern initiierte Gesetzentwurf hält sich im Grundsatz zwar an diese engen Vorgaben und zitiert teilweise das Karlsruher Urteil wörtlich. Dabei wird aber verkannt, dass für die präventive Gefahrenabwehr auf der einen Seite und für die repressive Strafverfolgung auf der anderen Seite unterschiedliche Maßstäbe gelten müssen. Nicht jede Maßnahme, die zur Abwehr von Gefahren zulässig ist, darf auch zur Strafverfolgung eingesetzt werden.

"Die Onlinedurchsuchung ist eine Maßnahme, bei der allein schon auf Grund der technischen Gegebenheiten der Kernbereich des Persönlichkeitsschutzes ganz besonders gefährdet ist", erläutert Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, der Vorsitzende des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer. "Bei der Vielzahl von Daten, die auf der Festplatte eines Computers gespeichert sind, ist eine Grenze zwischen höchstpersönlichen Inhalten und sonstigen Daten kaum zu ziehen". Wegen des hohen Wertes, den der Persönlichkeitsschutz aber in unserem Rechtssystem genießt, darf die Onlinedurchsuchung daher ausschließlich zur Gefahrenabwehr, und auch hier nur unter sehr engen Voraussetzungen, eingesetzt werden.

Wie nachlässig der Gesetzentwurf mit dem verfassungsrechtlich garantierten Kernbereich des Persönlichkeitsschutzes umgeht, zeigt sich beispielsweise an einer Regelung zur Verwertbarkeit der bei der Onlinedurchsuchung erlangten Daten. Danach sollen auch Daten aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung strafrechtlich verwertet werden können, wenn bloße Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kernbereich zur Umgehung eines Erhebungsverbotes missbraucht werden sollte.

"Anders als bei der Gefahrenabwehr geht es bei der Verwertbarkeit von Ermittlungsergebnissen im Rahmen der Strafverfolgung aber um klare Fakten", so Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor. "Nur wenn feststeht, dass ein Bürger den Kernbereichsschutz missbraucht hat, dürfen diese Erkenntnisse verwertet werden. Auf Grund vager Verdachtsmomente darf eine rechtstaatliche Strafverfolgung nicht in den Kernbereich eingreifen.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer - Pressemitteiung vom 04.07.08