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Keine Haftung von Anwalt und Steuerberater in gemischter Sozietät

Berufsfremde Mitglieder gemischter Sozietäten unterliegen im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der GbR keiner rückwirkenden Haftung.

Macht eine Mandantin gegen ihren Rechtsanwalt einen Schadensersatzanspruch wegen unzureichender Beratung geltend, so haftet der andere Sozietätsangehörige, der zusammen mit dem Anwalt eine gemischte Sozietät in Form einer BGB-Gesellschaft betrieben hat, rückwirkend nicht für etwaige Beratungsfehler des Anwalts.

Der beklagte Rechtsanwalt vertrat im Jahr 2000 eine Grundstückseigentümerin im Streit um die Fortführung eines Pachtverhältnisses. Der Anwalt betrieb zusammen mit einer Steuerberaterin eine gemeinsame Kanzlei in Form einer BGB-Gesellschaft. Nur der Rechtsanwalt beriet die Eigentümerin bei Verhandlungen mit der Pächterin über eine Fortführung des Pachtverhältnisses. Die Grundstückseigentümerin meint, unzureichend beraten worden zu sein und macht Regressansprüche sowohl gegen ihren Anwalt als auch gegen die Steuerberaterin geltend.

Das Landgericht hat in 1. Instanz nach Einvernahme der Steuerberaterin als Partei eine Pflichtverletzung verneint und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Eigentümerin hat das Berufungsgericht die Klage dem Grunde nach für begründet erachtet und die Sache zur Durchführung des Betragsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgen der Rechtsanwalt und die Steuerberaterin ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe des BGH:

Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falls. Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche, sachgerechte Grund-Entscheidungen in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen. Auch wenn der Anwalt nur mit der Führung der Verhandlungen zur Weiterführung des Pachtverhältnisses beauftragt worden sein sollte, so schließt dies nicht aus, dass hierbei auch etwaige Ausgleichsansprüche aus dem bisherigen Vertragsverhältnis mit einzubeziehen waren.

Der Anwalt hat seinen Mandanten auch innerhalb eines eingeschränkten Mandats auf Gefahren aufmerksam zu machen, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich dieser Gefahr nicht bewusst ist. Eine solche Verpflichtung kommt vor allem in Betracht, wenn Ansprüche gegen Dritte zu verjähren drohen. Allerdings, so der BGH, ist die Annahme einer solchen Anwaltspflichtverletzung hier nicht gerechtfertigt, wenn die Eigentümerin ausdrücklich erklärt hat, von der Geltendmachung bestimmter Schadensersatzansprüchen (hier: wegen unterlassener Schönheitsreparaturen) sei abzusehen.

Eine Haftung der Steuerberaterin ist ausgeschlossen.

Nach der Rechtsprechung des BGH scheidet eine rückwirkende Haftung von berufsfremden Sozietätsmitgliedern von vorneherein aus (dazu BGH, Versäumnisurteil v. 07.04.2003 - II ZR 56/02; BGH, Urt. v. 12.12.2005 - II 3 ZR 4 283/03; BGH, Beschl. v. 12.07.2007 - 3 IX 4 ZA 2/04). Es kommt somit auf die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen Umstände an. Dabei kommt der Vertrag bei Sozietäten unterschiedlicher Berufsangehöriger im Zweifel nur mit denjenigen Sozien zustande, die auf dem zu bearbeitenden Rechtsgebiet tätig werden dürfen. Das ist vorliegend der Rechtsanwalt, da eine reine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dem Steuerberater nach § 1 RBerG verwehrt war und ein Vertrag somit nach § 134 BGB nichtig wäre.

Anmerkung:

Offen bleibt, ob diese Rechtsprechung nach Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) , das am 01.07.2008 das Rechtsberatungsgesetz abgelöst hat, weiter aufrechterhalten werden kann. Nach dem neuen § 5 RDG, darf ein Steuerberater außergerichtliche Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung erbringen, wenn dies nach Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang unter Berücksichtigung seiner Rechtskenntnisse für die Haupttätigkeit erforderlich ist. Im Unterschied zum alten Rechtsberatungsgesetz muss die erlaubte Nebenleistung nur noch mit der Haupttätigkeit zusammenhängen und kein "unmittelbarer, unlösbarer Zusammenhang" mit der zum anerkannten, herkömmlichen Berufsbild des Steuerberaters zählenden Tätigkeit bestehen.

Da es im vorliegenden Fall auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2000 ankam, schied auch die Inanspruchnahme der Sozietät als selbstständiges Rechtssubjekt aus. Denn die Rechtsfortbildung zur eigenständigen Rechtspersönlichkeit der BGB-Gesellschaft beginnt erst mit der Entscheidung des BGH, Urt. v. 29.01.2001 - II ZR 331/00.

Quelle: Rechtsanwalt Michael Rohrlich - Urteilsanmerkung vom 14.08.08