Keine Berufung per E-Mail und PDF

LSG Bayern, Beschl. v. 24.02.2012 - L 8 SO 9/12 B ER

E-Mail, SMS, mobile Messenger oder Facebook treten immer mehr an die Stelle des klassischen Briefverkehrs. Ein zeitgemäßer Zugang zu den Gerichten und damit grundgesetzlich garantierten Rechtsschutz zählt zu den Anforderungen an eine moderne Justiz. Gleichzeitig müssen die Gerichte für Rechtssicherheit sorgen und verhindern, dass Informationen aus Rechtsstreitigkeiten in die falschen Hände gelangen. Zu welchem Ergebnis kommt also derzeit die Abwägung zwischen Datenschutz sowie Rechtssicherheit einerseits und E-Mail-Verkehr andererseits? Hierzu hat das Bayerische Landessozialgericht durch eine neuere Entscheidung Klarheit geschaffen.

Darum geht es

Das Sozialgericht hatte einen per E-Mail eingegangen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz als formunwirksam abgewiesen. Dagegen wandte sich die Antragstellerin - wieder per E-Mail. Als Attachment der Mail fügte die Antragstellerin die unterschriebene Beschwerdeschrift als PDF-Datei bei.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Bayerische Landessozialgericht hat die Beschwerdeschrift als formunwirksam verworfen. Die E-Mail genüge der gesetzlichen Schriftform nicht. Das gleiche gelte für die - vom Gericht ausgedruckte und damit in Schriftform vorliegende - PDF-Datei. Denn der Ausdruck hänge von einem Zutun des Empfängers ab, von dessen Zutun die Einhaltung von Formvorschriften aber nicht abhängen dürfe. Schließlich sei wegen der spezifischen verwendeten E-Mail-Adresse der Antragstellerin nicht sicher, dass die Beschwerdeschrift auch wirklich von dieser stamme.

Folgerungen aus der Entscheidung

Das Bayerische Landessozialgericht hat betont, dass im Interesse der Rechtssicherheit die Einhaltung von Formvorschriften nicht von dem Verhalten des Gerichts abhängen dürfe (hier: Ausdruck der PDF-Datei). Das Gericht folgt damit nicht früheren Entscheidungen des BGH und des LSG Sachsen-Anhalt (vgl. BGH, Beschl. v. 15.07.2008 - X ZB 8/08 und LSG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18.01.2011 - L 5 AS 433/10 B).

Mit diesem Urteil ist klargestellt, dass derzeit Klage und Berufung rechtssicher nicht per E-Mail eingelegt werden können. Für Rechtsmittel in der Sozialgerichtsbarkeit ist heute nur am Bundessozialgericht ein „elektronischer Briefkasten" eingerichtet, für den die spezielle Übertragungssoftware „EGVP" erforderlich ist.

Das wird nicht immer so bleiben: Die Einführung des Elektronischen Rechtsverkehrs auch an den Bayerischen Sozialgerichten hat mittlerweile die Test-Phase erreicht. Bis diese aber abgeschlossen und der Elektronische Rechtsverkehr vollständig eingerichtet ist, bleibt der rechtssichere Zugang zu den Sozial- und Landessozialgerichten Brief und Fax vorbehalten.

Quelle: LSG Bayern, Pressemitteilung - vom 29.03.12