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Kein Schmerzensgeld wegen Falschberatung

Anwaltliche Falschberatung löst in der Regel keinen Schmerzensgeldanspruch aus.

BGH, Urt. v. 09.07.2009 – IX ZR 88/08, DRsp Nr. 2009/20074

Darum geht es:

Die Klägerin verlangt Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Beratung durch den Rechtsanwalt. Dieser habe erklärt, die Haftpflichtversicherung müsse für ein bestimmtes Schadensereignis (ihr Haus war in Brand geraten, nachdem die Kinder mit Feuer gespielt hatten) nicht einstehen. Die Klägerin hätte deshalb damit gerechnet, den Wiederaufbau ihres Hauses i.H.v. 600.000 € selbst bezahlen zu müssen. Sie hat erklärt, dass sie sich wegen des Brandes ohnehin schon in Dauerpanik befunden habe. Die belastende Rechtsauskunft sei für die posttraumatische Belastungsstörung mitursächlich gewesen.

Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

„Die Schlechterfüllung eines Anwaltsvertrags, der nicht den Schutz der Rechtsgüter des § 253 Abs. 2 BGB zum Gegenstand hat, begründet in der Regel keinen Schmerzensgeldanspruch“ – soweit der Leitsatz des BGH.

§ 253
Immaterieller Schaden
(1)...

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Dies soll nach Ansicht der Karlsruher Richter selbst dann gelten, wenn die Betroffene bis zum Wechsel des Rechtsbeistands „in jeder Nacht stundenlange Schlaflosigkeit, dauernde schwere Erschöpfungszustände sowie Zustände von Verzweiflung, Mutlosigkeit, Dauerpanik und seelischer Auflösung erlitten“ hat.

Es fehle für einen Anspruch auf Schmerzensgeld aus § 253 Abs. 2 BGB der notwendige Zusammenhang zwischen dem Schutzzweck der verletzten Pflicht und dem eingetretenen Schaden. Aus dem Anwaltsvertrag folge zwar die Pflicht zur ordnungsgemäßen Beratung. Der Anwaltsvertrag war vorliegend aber nur auf die Vermögensinteressen der Kläger ausgerichtet gewesen. Andere Angelegenheiten seien nicht erörtert worden. Obhutspflichten für die psychische und geistige Verfassung der Mandanten hätten deshalb im Rahmen des Anwaltsvertrags nicht bestanden. Die psychische Verarbeitung fehlerhafter Auskünfte und Hinweise werde im allgemeinen Verkehr regelmäßig dem Empfänger überantwortet, jedenfalls soweit es allein Risiken und Bedrohungen in Bezug auf die eigene Vermögenslage betreffe. Belastungen hieraus müssten dem allgemeinen Lebensrisiko zugerechnet werden.

Anmerkung:

In aller Regel wird anwaltliche Falschberatung also keinen Schmerzensgeldanspruch auslösen. Abgesehen von dieser Problematik stellt sich bei einer erfolgten Schlecht- oder Falschberatung natürlich immer die Frage nach der Schadenersatzpflicht.

Werden Pflichten aus dem Anwaltsvertrag verletzt und führt dies kausal zu einem Schaden, ist der Anwalt seinem Mandanten zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet. In Einzelfällen gilt es dabei immer die Voraussetzungen der Kausalität zu prüfen und auch immer ein Auge auf die Beweislastverteilung zu werfen.

Quelle: Rechtsanwalt Michael Rohrlich - Urteilsanmerkung vom 24.09.09