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Herabsetzung der Kartellstrafe gegen Hoechst

Das Europäische Gericht erster Instanz hat die gegen die Hoechst GmbH wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell auf dem Sorbat-Markt verhängte Geldbuße auf 74,25 Millionen Euro herabgesetzt. 

Am 1. Oktober 2003 entschied die Kommission, dass ein europäisches Unternehmen (Hoechst) und vier japanische Unternehmen (Chisso, Daicel, Nippon Synthetic und Ueno) durch ihre Beteiligung an einem Kartell auf dem Sorbat-Markt zwischen 1978 und 1996 gegen das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft verstoßen hatten. Sorbate sind Konservierungsstoffe, durch deren Verwendung das Wachstum von Mikroorganismen wie Bakterien und Schimmelpilzen in erster Linie in Nahrungsmitteln verhindert werden soll.

Die Kommission verhängte gegen vier der fünf Unternehmen Geldbußen in Höhe von insgesamt 138,4 Millionen Euro. Gegen die deutsche Gesellschaft Hoechst wurde eine Geldbuße in Höhe von 99 Millionen Euro festgesetzt. Dieser Betrag spiegelte u. a. ihre führende Rolle im Kartell (zusammen mit Daicel) und ihre Wiederholungstäterschaft wider. Chisso wurde vollständige Bußgeldfreiheit gewährt, weil sie das erste Unternehmen war, das der Kommission entscheidende Beweise für das Bestehen des Kartells geliefert hatte.

Hoechst erhob Klage beim Gericht erster Instanz, um die Nichtigerklärung der Entscheidung oder, hilfsweise, die Herabsetzung der Geldbuße zu erwirken.

Das Gericht weist den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung und den Großteil des auf die Herabsetzung der Geldbuße gerichteten Vorbringens von Hoechst zurück. Es stellt jedoch fest, dass der Kommission zwei Fehler unterlaufen sind, aufgrund deren die festgesetzte Geldbuße herabzusetzen ist.

Das Gericht befindet erstens, dass die Kommission gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Gleichbehandlung verstoßen hat. Obwohl sie nämlich klar ihre Absicht erkennen ließ, den mit ihr zusammenarbeitenden Unternehmen, insbesondere Hoechst, nicht offenzulegen, dass andere Unternehmen Schritte unternommen hatten, um die Befreiung von einer Geldbuße zu erreichen, sicherte sie Chisso zur gleichen Zeit zu, ihr eine „angemessene Warnung" zukommen zu lassen, sollte der Eindruck entstehen, ein anderes Unternehmen könnte Chisso auf dem Gebiet der Zusammenarbeit überholen.

In Anbetracht der Bedeutung der Einhaltung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Gleichbehandlung durch die Kommission im Verwaltungsverfahren entscheidet das Gericht aufgrund seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung, die gegen Hoechst festgesetzte Geldbuße um 10 % herabzusetzen, um dem Verstoß gegen diese Grundsätze Rechnung zu tragen.

Das Gericht befindet zweitens, dass der Kommission ein Fehler unterlaufen ist, indem sie den erschwerenden Umstand einer führenden Rolle von Hoechst im Kartell berücksichtigt hat, ohne dass dieser Umstand jedoch in der Mitteilung der Beschwerdepunkte hinreichend klar und präzise eingestuft worden ist. Auch wenn alle von der Kommission zur Begründung ihres Vorwurfs der Anführerschaft in der Entscheidung herangezogenen tatsächlichen Gesichtspunkte bereits in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten waren, waren sie dort jedoch in verschiedenen Randnummern wiedergegeben, ohne dass irgendein Zusammenhang zwischen ihnen hergestellt worden ist oder die Kommission sie in irgendeiner Form bewertet hat. Im Übrigen konnte aus einigen von der Kommission berücksichtigten tatsächlichen Gesichtspunkten nicht hinreichend präzise der Schluss gezogen werden, dass Hoechst der Vorwurf der Anführerschaft gemacht wurde. Aufgrund dieser Ungenauigkeit war Hoechst nicht in der Lage, sich sachgerecht zu verteidigen.

Demgemäß ändert das Gericht die Entscheidung ab und befindet, dass der erschwerende Umstand einer führenden Rolle von Hoechst nicht zu berücksichtigen und die Geldbuße insoweit nicht zu erhöhen ist.

Unter Berücksichtigung dieser beiden Fehler berechnet das Gericht daher die gegen Hoechst festgesetzte Geldbuße neu und setzt den Endbetrag von 99 Millionen Euro auf 74,25 Millionen Euro herab.

Quelle: Europäisches Gericht erster Instanz - Pressemitteilung vom 18.06.08