Die Aussage eines heimlichen Mithörers eines Telefonats ist vor Gericht unbeachtlich, da das heimliche Mithören eines Telefongesprächs den Gesprächspartner in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. In einem Verfahren vor dem Amtsgericht München konnte deshalb ein Wildfleischhändler die vermeintliche Einigung mit einem Gastwirt über eine Warenlieferung nicht beweisen.
Darum geht es
Der Kläger führt einen Betrieb für Wildspezialitäten in Niederbayern. Die Beklagte ist ein Gasthausbetreiber im südlichen Landkreis von München. Am 10.11.2013 telefonierte der Kläger mit einem Mitarbeiter der Gaststätte und versandte einen Tag später eine Auftragsbestätigung per Email über die Bestellung von 15 Hirschrücken, 15 Hirschkeulen ohne Knochen sowie 20 Kilogramm gesägten Knochen. Die Hirschrücken mit den Knochen hatten ein Gewicht von 70 Kilogramm, die Hirschkeulen wogen 108 Kilogramm.
Auf diese Email reagierte die Gaststätte nicht. Der Kläger lieferte das Fleisch am 14.11.2013 zur Gaststätte, wo ein Mitarbeiter das Fleisch ?unter Vorbehalt? annahm. 10 Tage später schickte die Gaststätte das gesamte Fleisch wieder zurück. Das ganze Fleisch musste nach Angaben des Klägers vernichtet werden.
Der Kläger ist der Meinung, dass er sich mit dem Mitarbeiter der Gaststätte bei dem Telefonat am 10.11.2013 handelseinig war. Das Telefonat hat auch eine Angestellte des Wildlieferanten heimlich mitgehört. Sie kann bestätigen, dass man sich handelseinig geworden war. Der klagende Wildlieferant meint, dass jedenfalls mit der Email vom 11.11.2013, die wie ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu behandeln sei und auf das die beklagte Gaststätte nicht reagiert hat, ein Vertrag zustande gekommen sei.
Der Kläger verlangt nun Zahlung des Kaufpreises für das Wildfleisch in Höhe von 4066 €. Die beklagte Gaststätte weigert sich zu zahlen. Es sei kein Kaufvertrag abgeschlossen worden.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Richterin gab nun dem Gaststättenbetreiber Recht und wies die Klage ab.
Der Kläger konnte gegenüber dem Gericht nicht nachweisen, dass er sich bei dem Telefonat am 10.11.2013 mit dem Mitarbeiter der Gaststätte über den Kauf einig geworden ist. Der Mitarbeiter der Gaststätte bestreitet, dass er über das Fleisch bei dem Telefonat einen Kaufvertrag abgeschlossen hat.
Die Angestellte des klägerischen Wildlieferanten, die das Telefonat heimlich mitgehört hat, bestätigt zwar die Aussage des Klägers. Ihre Aussage darf jedoch von dem Gericht nicht verwertet werden und ist somit unbeachtlich.
Das heimliche Mithören des Telefonats verletze das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters der Gaststätte, stellt das Gericht fest. Das Mithören sei auch nicht gerechtfertigt gewesen, da damit der alleinige Zweck verfolgt wurde, ein Beweismittel zu bekommen. Das Mithören eines Telefonats wäre aber nur dann gerechtfertigt, wenn dadurch höherrangige Interessen gewahrt werden sollen.
Das Gericht kommt weiter zu dem Ergebnis, dass auch durch das Schweigen auf die Email vom 11.11.2013 kein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Grundsätzlich kann ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben per Email verschickt werden und danach ein Vertrag durch Schweigen auf dieses Schreiben zustande kommen. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben setzt jedoch voraus, dass zwischen den Parteien Vertragsverhandlungen stattgefunden haben. Dies konnte der Kläger aber gerade nicht nachweisen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 10.07.2014 - 222 C 1187/14
Rechtsprechungshinweis
Nach dem OLG Koblenz besteht kein Beweisverwertungsverbot für die Aussage eines Mithörers, wenn der Gesprächspartner vorher über das "Lautstellen" des Telefons informiert wurde.
OLG Koblenz, Urt. v. 08.01.2014 - 5 U 849/13