Nachdem ein Biss in ein Nackensteak die Zahnbrücke eines Restaurantgasts beschädigt hatte, verlangte dieser vom Gastwirt Ersatz. Das Amtsgericht München hat die Klage abgewiesen. Mit dem Risiko, dass sich in einem Fleischstück noch kleine Knochenstücke befinden könnten, müsse ein Verbraucher rechnen - die Sicherheitserwartungen dürften insoweit nicht überdehnt werden, meinte das Gericht.
Darum geht es
Am 03.06.2014 besuchte der 63-jährige Kläger aus Geretsried mit seiner Ehefrau und seiner Mutter eine Gaststätte in der Gegend von Schäftlarn bei München. Dort bestellte er ein Nackensteak vom „Halsgrat“. Beim Verzehr des Nackensteaks gingen Teile der Brücke von seinem Gebiss zu Bruch.
Der Kläger behauptet, dass sich in dem Fleischstück ein kleines Knochenstück befunden habe und bereits beim ersten Biss die Zahnbrücke gebrochen sei. Die Betreiber der Gaststätte hätten die Pflicht, ein Steak vor dem Zubereiten auf Knochenstücke hin zu untersuchen. Man müsse nicht damit rechnen, dass ein Stück „Halsgrat“ Knochenstücke enthalte.
Die Brücke musste komplett neu angefertigt, angepasst und eingesetzt werden. Dadurch sind Kosten in Höhe von 2805,78 € entstanden. Diese Kosten wollte der Kläger von der Haftpflichtversicherung der Wirtsleute und auch von den beiden verheirateten Wirtsleuten persönlich ersetzt bekommen. Der Schaden wurde nicht beglichen. Daraufhin erhob der Kläger Klage vor dem Amtsgericht München gegen das Ehepaar, das die Gaststätte betreibt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter am Amtsgericht München wies die Klage ab. Der Kläger muss seine neue Zahnbrücke selbst bezahlen.
Der Verkäufer eines Lebensmittels bzw. der Gastwirt, der im Rahmen der Bewirtung von Gästen Lebensmittel zubereitet, müsse grundsätzlich - so das Urteil - erhöhte Sicherheitsanforderungen erfüllen, da er Lebensmittel an Endverbraucher ausgibt.
Der Verbraucher dürfe, auch wenn er ein verarbeitetes Naturprodukt verzehrt, davon ausgehen, dass der Hersteller sich im Rahmen des Verarbeitungsprozesses eingehend mit dem Naturprodukt befasst und dabei Gelegenheit gehabt hat, von dem Naturprodukt ausgehende Gesundheitsrisiken zu erkennen und zu beseitigen, soweit dies möglich und zumutbar ist.
Den Sicherheitserwartungen der Verbraucher seien aber durch die natürliche Beschaffenheit von Lebensmitteln Grenzen gesetzt. So hat der BGH in einem dort anhängigen Verfahren die Haftung eines Bäckers gegenüber seinem Kunden verneint, der sich einen Teil seines Zahnes abgebrochen hatte beim Biss auf einen Kirschkern, der in dem gekauften Gebäckstück mit Streuselbelag eingebacken war.
Der Richter am Amtsgericht München stellt in seinem Urteil fest, dass ein auch nur durchschnittlich gebildeter Verbraucher wisse, dass es sich bei Fleisch um ein Produkt handelt, welches vom Tier stammt und dass somit in der ursprünglichen Form Knochen vorhanden sind, die bei der Zerteilung und Herstellung verbrauchsfertiger Portionen noch entfernt oder bearbeitet werden müssen.
Der Kläger habe daher nicht ohne weiteres erwarten können, dass das Steak - auch wenn ein solches gewöhnlich knochenfrei ist - tatsächlich nicht doch noch Knochenreste aufweisen würde. Anders wäre dies allenfalls dann zu beurteilen, wenn die beklagten Wirtsleute ihr Gericht ausdrücklich als „knochenfrei“ angepriesen hätten, was jedoch nicht der Fall gewesen ist.
Nach Auffassung des Gerichts könne den Beklagten Gastwirten auch nicht zugemutet werden, das von ihnen zubereitete Fleisch selbst auf kleinste Knochenteile zu untersuchen. Auch der Kläger, der das Fleisch vor dem Verzehr sicherlich nochmals zerteilt und anschließend zu Munde geführt hat, habe offensichtlich das Knochenstück selbst nicht erkennen können, so dass alles dafür spreche, dass es sich tatsächlich um ein äußerst kleines Teil im Inneren des Steaks gehandelt habe.
Das Gericht führt zur weiteren Begründung die Argumentation des Bundesgerichtshofes an, wonach ein derartiger hoher Untersuchungsaufwand schon deshalb nicht erforderlich sei, da dem Verbraucher, der auf ein kleines Knochenteil beißt, in der Regel keine schwerwiegende Gesundheitsgefahr droht, die um jeden Preis und mit jedem erdenklichen Aufwand vermieden oder beseitigt werden müsste (BGH NJW 2009, 1669 ff. hinsichtlich des eingebackenen Kirschkerns).
Das Gericht wörtlich: „Letztlich hat sich bei der Beschädigung des Gebisses des Klägers bedauerlicherweise das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht, welches nie gänzlich vermieden werden kann.“?
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 12.02.2015 - 213 C 26442/14
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 15.05.2015