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Fehlerfeststellung durch die BaFin im Enforcement-Verfahren

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Mainhat die Voraussetzungen für die Fehlerfeststellung durch die BaFin im Enforcement-Verfahren nach dem Bilanzkontrollgesetz konkretisiert.

Der Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenat des Oberlandesgerichts hat die Beschwerden einer Aktiengesellschaft zurückgewiesen, mit denen sie sich gegen eine Fehlerfeststellung und Veröffentlichungsanordnung im so genannten "Enforcement-Verfahren" gewandt hat.

Sachverhalt:

Die AG ist ein Unternehmen mit konzernweit knapp 400 Mitarbeitern, dessen Aktien zum Handel zugelassen sind. Der Konzernabschluss und der zugehörige Konzernlagebericht der AG für das Jahr 2005 waren von der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) im Rahmen eines Enforcement-Verfahrens einer Stichprobenprüfung unterzogen worden. Dabei stellte die DPR mehrere Fehler fest, die sie zwar nicht isoliert betrachtet, aber in einer Gesamtschau für wesentlich hielt, wodurch die Rechnungslegung fehlerhaft werde.

Die AG stimmte den Einzelfeststellungen der DPR zu, teilte jedoch nicht ihre Würdigung hinsichtlich der Gesamtschau. Deshalb führte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine eigene Prüfung durch, die im Wesentlichen zur Feststellung derselben Fehler im Konzernabschluss führte, weshalb ein entsprechender Bescheid erlassen wurde. Auf den Widerspruch der AG änderte die BaFin den Fehlerfeststellungsbescheid nur geringfügig ab. Darüber hinaus ordnete sie die Veröffentlichung der im Konzernabschluss festgestellten Fehler an (Veröffentlichungsanordnung).

Gegen die Anordnungen der BaFin legte die AG Beschwerde ein. Sie machte geltend, der Konzernabschluss könne nur dann als fehlerhaft angesehen werden, wenn eine wesentliche Abweichung von Rechnungslegungsvorschriften gegeben sei. Daran mangele es vorliegend, da die von der BaFin festgestellten Abweichungen sowohl in ihrer Einzel- als auch in ihrer Gesamtschau von ihrer Größenordnung und Bedeutung her nicht geeignet seien, die Investitionsentscheidung von Anlegern zu beeinflussen. Die Feststellung oder gar Veröffentlichung von unwesentlichen Fehlern aber widerspreche dem Ziel des Bilanzkontrollgesetzes und das Vertrauen der Anleger in den deutschen Kapitalmarkt werde zu Unrecht erschüttert.

Entscheidung:

Der zuständige Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenat wies die Beschwerden nunmehr zurück. Dabei konkretisiert er die Voraussetzungen des Enforcement-Verfahrens und beantwortet die bisher nur in der Fachliteratur diskutierte Frage, wann eine Fehlerfeststellung überhaupt erfolgen darf. Nach Auffassung des Senats ist dies dann der Fall, wenn die geprüfte Rechnungslegung einen oder mehrere Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften einschließlich der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung oder den sonst durch Gesetz zugelassenen Rechnungslegungsstandards aufweist, die entweder für sich allein betrachtet oder in ihrer Gesamtheit aus Sicht des Kapitalmarkts wesentlich sind.

In Bezug auf die Veröffentlichung der Fehler führt der Senat aus, dass eine befürchtete negative Beeinflussung des Aktienkurses oder sonstige typischerweise mit einer Fehlerbekanntmachung für das betroffene Unternehmen einhergehende Folgen grundsätzlich nicht das ausnahmsweise Absehen der Fehlerveröffentlichung begründen könne.

Schließlich stellt der Senat klar, dass im Falle der Fehlerhaftigkeit der Rechnungslegung alle Fehler zu veröffentlichen sind, also auch solche, die für sich genommen nicht als gravierend einzustufen sind. Bei dieser Sachlage komme es also nicht nur zu einer teilweisen Bekanntmachung.

Hintergrundinformation:

Als Reaktion auf durch Bilanzmanipulationen verursachte Unternehmensskandale, die das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt erschütterten, hat die Bundesregierung im Jahr 2004 ein Bilanzkontrollgesetz geschaffen. Teil dieses Gesetzes war die Einführung des so genannten "Enforcement-Verfahrens", durch das die BaFin ermächtigt wurde, Rechnungslegungen - also auch Konzernabschlüsse und zugehörige Lageberichte - von kapitalmarktorientierten Unternehmen auf das Vorliegen von Bilanzfehlern hin zu überprüfen (§ 37 n WpHG). Das Verfahren ist dabei zweistufig ausgestaltet: Auf der ersten Stufe prüft die DPR - eine privatrechtlich organisierte Prüfstelle - stichprobenartig oder auf Anlass (§ 342 b HGB). Ist das Unternehmen nicht freiwillig zur Mitwirkung bereit oder akzeptiert es das Prüfungsergebnis der Prüfstelle nicht, folgt auf der zweiten Stufe die behördliche Überprüfung durch die BaFin (§ 37 p WpHG), die auch die Veröffentlichung der Bilanzfehler anordnen kann, wovon jedoch zum Schutz berechtigter Interessen des Unternehmens ausnahmsweise abgesehen werden kann (§ 37 q WpHG). Die Feststellungen und Anordnungen der BaFin wiederum können auf die Beschwerde des Unternehmens gerichtlich überprüft werden (§§ 37 t, 37 u WpHG).

Quelle: OLG Frankfurt a.M. - Pressemitteilung vom 03.02.09