Sonstige Themen -

Elektronischer Fristenkalender

Auch wenn der „klassische“ Fristenkalender nicht auszusterben scheint, ist die elektronische Fristenkontrolle auf dem Vormarsch – egal ob mit Microsoft Outlook oder einer spezifischen Anwaltssoftware.

Die Vorteile einer derartigen Verwaltung der Fristen sind nicht von der Hand zu weisen. So können die eingetragenen Daten beispielsweise ganz simpel mit einem mobilen Gerät, z.B. dem Handy oder PDA, abgeglichen werden, um sie auch unterwegs ständig im Blick zu haben. Darüber hinaus sind auch die Vorzüge einer automatischen Erinnerungsfunktion nicht zu unterschätzen.

Allerdings muss ein Rechtsanwalt, der eine solche elektronische Fristenverwaltung einsetzt, Kontrollmöglichkeiten einrichten, damit Eingabefehler etc. rechtzeitig erkannt werden können. So argumentiert jedenfalls das OVG Lüneburg in seinem Beschluss vom 04.11.2008 (4 LC 234/07):

„Jedenfalls muss ein Rechtsanwalt, wenn er einen EDV-gestützten Fristenkalender verwendet, im Hinblick auf die spezifischen Fehlermöglichkeiten bei der Eingabe der Datensätze (Programm- oder Tippfehler) spezielle Kontrollen - wie etwa die Kontrolle der Eingaben im Fristenkalender bzw. die Kontrolle des Ausdrucks der Eingaben durch eine zweite Person - einrichten, die gewährleisten, dass eine fehlerhafte Eingabe rechtzeitig erkannt wird und nicht bereits ein einfacher Tippfehler bei der Eingabe eines Datums zur Versäumung einer Frist führen kann).

Dem genügt die Organisation der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht. Denn nach dessen Vorbringen obliegt die selbständige Führung des elektronischen Fristenkalenders seit Mitte 2004 der hierfür eingesetzten Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten, die hierbei nur "anfangs" kontrolliert worden ist. Die in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte überprüfen den Fristenkalender nur noch "stichprobenartig".

Dass diese Organisation des Kanzleibetriebs unzureichend ist, veranschaulicht der vorliegende Fall. Denn hier hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten den sowohl in der Akte als auch im elektronischen Fristenkalender fehlenden Eintrag der Berufungsbegründungsfrist und der entsprechenden Vorfrist bei der ersten Vorlage der Akte anlässlich der Bearbeitung des Posteingangs zunächst nicht bemerkt. Erst bei der Unterzeichnung des Berufungseinlegungsschriftsatzes hat er - nicht aus Anlass einer Fristenkontrolle, sondern weil er sich davon überzeugen wollte, dass das erstinstanzliche Urteil im Original beigefügt war - festgestellt, dass die Berufungsbegründungsfrist und die entsprechende Vorfrist in der Akte (auf dem Urteil) nicht notiert waren. Nachdem die betreffende Angestellte dieses nachgeholt hatte, hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten lediglich den handschriftlichen Eintrag in der Akte kontrolliert und sich auf Nachfrage versichern lassen, dass diese Frist auch im elektronischen Fristenkalender eingetragen sei. Er hat jedoch nicht den für die Einhaltung der Frist entscheidenden Eintrag im Fristenkalender kontrolliert mit der Folge, dass er die dort fehlerhafte Datumseingabe durch seine Angestellte nicht bemerkt hat. Dies zeigt deutlich, dass eine wirksame Kontrolle der fehleranfälligen Eintragungen im elektronischen Fristenkalender in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht gewährleistet ist.“

Zusätzlich muss noch eine zweite Person die Dateneingaben überprüfen, da die Eingabe über Tastatur im Gegensatz zur handschriftlichen Eintragung eine erhöhte Fehlergefahr in sich trägt. Das OLG Frankfurt hat dies in seinem Beschluss vom 28.08.2008 (9 U 50/08) so gesehen.

„Nach dem Vortrag der Klägervertreter bleibt bereits unklar, warum trotz des Einsatzes eines elektronischen Fristenkontrollprogramms das - unveränderliche - Zustellungsdatum des angefochtenen Urteils gleich zweimal eingetragen wurde, nämlich einmal - richtig - durch die Anwaltsgehilfin B und sodann nachträglich - falsch - durch die Anwaltsgehilfin A. Es überrascht, dass dies bei einer modernen Anwaltssoftware erforderlich sein soll bzw. das Programm keine Warnmeldung ausgibt, wenn ein schon eingetragenes Datum nachträglich durch eine anderes - die Frist verlängerndes - überschrieben wird.
Geht man einmal davon aus, dass das Programm eine solche Bedienung tatsächlich zulässt bzw. die vorgesehenen Arbeitsabläufe in ihrer Kanzlei dies vorsahen, hätten die Klägervertreter zumindest durch besondere Anweisungen an ihr Personal sicherstellen müssen, dass das Überschreiben eines einmal richtig eingetragenen Datums mit einem falschen unterbleibt. Es liegt auf der Hand, dass sich das Fehlerrisiko bei Arbeitsabläufen erhöht, die das mehrmalige Eintragen oder Ändern eines Datums ermöglichen. Dass die Klägervertreter dies unterlassen haben, stellt ein vorwerfbares Organisations- und Überwachungsverschulden dar.

Darüber hinaus hätten die Klägervertreter sicherstellen müssen, dass nicht ein einfacher Tippfehler bei der Eingabe eines Datums in den elektronischen Fristenkalender allein zur Versäumung von Notfristen führen kann. Weil das Fehlerrisiko bei der Eingabe von Datumsangaben über eine Tastatur erheblich höher ist als bei der handschriftlichen Übertragung eines Datums, wäre es bei dem von den Klägervertretern beschriebenen Verfahren wenigstens erforderlich gewesen, dass eine zweite Person die Eintragungen der Anwaltsgehilfin in das Programm überprüft.“

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Quelle: Rechtsanwalt Michael Rohrlich - Beitrag vom 14.07.09