Das Oberverwaltungsgericht NRW hat mit Eilbeschluss die für den Kreis Gütersloh geltende zweite Coronaregionalverordnung vorläufig außer Vollzug gesetzt. Demnach war es zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr mit dem Verhältnismäßigkeits- und Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, dass der Geltungsbereich ohne Differenzierung auf das gesamte Kreisgebiet erstreckt wurde.
Darum geht es
Nach einem Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh mit über 1.500 Infizierten hatte das Land Nordrhein-Westfalen eine erste Coronaregionalverordnung erlassen. Diese sah befristet für die Dauer einer Woche weitreichende Kontaktbeschränkungen sowie Einschränkungen im Kultur- und Freizeitbereich für die Kreise Gütersloh und Warendorf vor.
Während die Maßnahmen betreffend den Kreis Warendorf mit Ablauf des 30. Juni 2020 ausgelaufen sind, hat das Land diese hinsichtlich des Kreises Gütersloh mit einer zweiten Coronaregionalverordnung für eine weitere Woche bis zum 07.07.2020 fortgeschrieben.
Ein Eilantrag eines Bürgers aus dem Kreis Gütersloh gegen die erste Coronaregionalverordnung war ohne Erfolg geblieben. Gegen die zweite Coronaregionalverordnung hat sich nunmehr eine GmbH aus Oelde gewandt, die im Kreis Gütersloh unter anderem in Schloss Holte-Stukenbrock und Versmold Spielhallen betreibt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Oberverwaltungsgericht NRW hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprochen.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die angegriffene Coronaregionalverordnung nach der Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich rechtswidrig sei. Es sei nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht mehr mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren, dass sich ihr Geltungsbereich auf das gesamte Gebiet des Kreises Gütersloh erstrecke.
Zwar sei es zu Beginn des in Rheda-Wiedenbrück lokalisierten Ausbruchsgeschehens nicht zu beanstanden gewesen, dass der Verordnungsgeber für den gesamten Kreis kurzfristig strengere Schutzmaßnahmen als für andere Regionen Nordrhein-Westfalens ergriffen habe. Er habe so Zeit für Aufklärungsmaßnahmen gewinnen dürfen, um anschließend auf belastbarer Grundlage über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden können.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der jetzigen gerichtlichen Entscheidung sei es aber möglich und erforderlich gewesen, eine differenziertere Regelung zu erlassen. Ausweislich der Ergebnisse der seit Entdeckung des Ausbruchs durchgeführten Massentestungen unter den Einwohnern des Kreises Gütersloh variiere die Verteilung der bestätigten Neuinfektionen innerhalb der kreisangehörigen Städte und Gemeinden erheblich.
Insbesondere in den im Norden und Osten des Kreises gelegenen Städten seien nur wenige Neuinfizierungen festgestellt worden. Vor diesem Hintergrund sei nicht (mehr) ersichtlich, dass sich die dortige Gefährdungslage signifikant von derjenigen in anderen außerhalb des Kreisgebietes gelegenen Städten und Gemeinden vergleichbarer Größenordnung unterscheide.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
OVG NRW, Beschl. v. 06.07.2020 - 13 B 940/20.NE
Quelle: OVG NRW, Pressemitteilung v. 06.07.2020