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BilMoG verabschiedet

Der Bun­des­tag hat das Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung des Bi­lanz­rechts (BilMoG) ver­ab­schie­det.

Das Ge­setz soll die Wirt­schaft fi­nan­zi­ell in er­heb­li­chem Um­fang entlasten und das Bi­lanz­recht des Han­dels­ge­setz­bu­ches für den Wett­be­werb mit in­ter­na­tio­na­len Rech­nungs­le­gungs­stan­dards stärken. Das be­währ­te, kos­ten­güns­ti­ge und ein­fa­che HGB-​Bi­lanz­recht wird im Kern bei­be­hal­ten. Der han­dels­recht­li­che Jah­res­ab­schluss bleibt die Grund­la­ge der Ge­winn­aus­schüt­tung und der steu­er­li­chen Ge­winn­er­mitt­lung.

Die wich­tigs­ten Punk­te des Ge­setz­ent­wurfs im Ein­zel­nen:

1.De­re­gu­lie­rung

Die Neu­re­ge­lung ent­las­tet die Un­ter­neh­men von ver­meid­ba­rem Bi­lan­zie­rungs­auf­wand. Mit­tel­stän­di­sche Ein­zel­kauf­leu­te, die nur einen klei­nen Ge­schäfts­be­trieb un­ter­hal­ten, wer­den von der han­dels­recht­li­chen Buch­füh­rungs-​, In­ven­tur-​ und Bi­lan­zie­rungs­pflicht be­freit. Für Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten wie AG und GmbH wer­den eben­falls Be­frei­un­gen und Er­leich­te­run­gen bei der Bi­lan­zie­rung vor­ge­se­hen. Ins­ge­samt ist auf­grund die­ser Maß­nah­men mit einer Sen­kung der Bi­lan­zie­rungs­kos­ten in Höhe von 1,3 Mrd. Euro zu rech­nen. Laut Jah­res­be­richt der Bun­des­re­gie­rung 2008 zum Bü­ro­kra­tie­ab­bau er­gibt sich unter Be­rück­sich­ti­gung auch der Buch­füh­rungs-​ und In­ven­tur­er­leich­te­run­gen nach den Be­rech­nun­gen des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes ins­ge­samt sogar ein Ein­spar­po­ten­ti­al von etwa 2,5 Mrd. Euro pro Jahr.

Kon­kret geht es um fol­gen­de Maß­nah­men:

  • Ein­zel­kauf­leu­te, die be­stimm­te Schwel­len­wer­te (500.000,- Euro Um­satz und 50.000,- Euro Ge­winn pro Ge­schäfts­jahr) nicht über­schrei­ten, wer­den von der Ver­pflich­tung zur Buch­füh­rung, In­ven­tur und Bi­lan­zie­rung nach den han­dels­recht­li­chen Vor­schrif­ten be­freit.
  • Die Grö­ßen­klas­sen, die dar­über ent­schei­den, wel­che In­for­ma­ti­ons­pflich­ten ein Un­ter­neh­men tref­fen, wer­den an­ge­ho­ben: Die Schwel­len­wer­te für Bi­lanz­sum­me und Um­satz­er­lö­se in § 267 HGB wer­den um 20 % er­höht. So kom­men mehr Un­ter­neh­men als bis­her in den Ge­nuss der Er­leich­te­run­gen, die für klei­ne und mit­tel­gro­ße Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten gel­ten. Der Auf­wand bei der han­del­recht­li­chen Rech­nungs­le­gung wird ver­rin­gert. Ab­hän­gig davon, ob eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft als klein, mit­tel­groß und groß ein­zu­stu­fen ist, muss sie mehr oder we­ni­ger weit rei­chen­de In­for­ma­ti­ons­pflich­ten er­fül­len. Klei­ne Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten brau­chen z. B. ihren Jah­res­ab­schluss nicht von einem Ab­schluss­prü­fer prü­fen zu las­sen und müs­sen nur die Bi­lanz, nicht aber die Ge­winn-​ und Ver­lust­rech­nung of­fen­le­gen. Mit­tel­gro­ße Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten kön­nen auf eine Reihe von An­ga­ben ver­zich­ten, die große Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten ma­chen müs­sen, und dür­fen Bi­lanz­po­si­tio­nen zu­sam­men­fas­sen.
    • Als klein gel­ten künf­tig sol­che Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die nicht mehr als rd. 4,8 Mio. Euro Bi­lanz­sum­me (bis­her rd. 4 Mio. Euro), rd. 9,8 Mio. Euro. Um­satz­er­lö­se (bis­her rd. 8 Mio. Euro), bzw. 50 Ar­beit­neh­mer im Jah­res­durch­schnitt auf­wei­sen. Von den Kri­te­ri­en muss eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft min­des­tens zwei er­fül­len, um als klein klas­si­fi­ziert zu wer­den.
    • Als mit­tel­groß gel­ten künf­tig sol­che Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die nicht mehr als rd. 19,2 Mio. Euro Bi­lanz­sum­me (bis­her rd. 16 Mio. Euro), rd. 38,5 Mio. Euro Um­satz­er­lö­se (bis­her rd. 32 Mio. Euro), bzw. 250 Ar­beit­neh­mer im Jah­res­durch­schnitt auf­wei­sen.

2. Ver­bes­se­rung der Aus­sa­ge­kraft der HGB-​Ab­schlüs­se

Das mo­der­ni­sier­te HGB-​Bi­lanz­recht ist auch eine Ant­wort auf die In­ter­na­tio­nal Fi­nan­ci­al Ac­coun­ting Stan­dards (IFRS), die vom In­ter­na­tio­nal Ac­coun­ting Stan­dards Board (IASB) her­aus­ge­ge­ben wer­den. Die IFRS sind auf ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te Un­ter­neh­men zu­ge­schnit­ten. Sie die­nen dem In­for­ma­ti­ons­be­dürf­nis von Fi­nanz­ana­lys­ten, be­rufs­mä­ßi­gen In­ves­to­ren und an­de­ren Ka­pi­tal­markt­teil­neh­mern.

Die weit über­wie­gen­de An­zahl der rech­nungs­le­gungs­pflich­ti­gen deut­schen Un­ter­neh­men nimmt den Ka­pi­tal­markt aber gar nicht in An­spruch. Es ist des­halb nicht zu recht­fer­ti­gen, alle rech­nungs­le­gungs­pflich­ti­gen Un­ter­neh­men auf die kos­ten­in­ten­si­ven und hoch­kom­ple­xen IFRS zu ver­pflich­ten. Auch der vom IASB be­ra­te­ne Ent­wurf eines Stan­dards "IFRS für klei­ne und mit­tel­gro­ße Un­ter­neh­men" ist keine gute Al­ter­na­ti­ve für die Auf­stel­lung eines in­for­ma­ti­ven Jah­res­ab­schlus­ses. Die Pra­xis in Deutsch­land hat den Ent­wurf des IASB scharf kri­ti­siert, weil seine An­wen­dung - im Ver­hält­nis zum HGB-​Bi­lanz­recht - immer noch zu kom­pli­ziert und kos­ten­träch­tig wäre.

Das Bi­lanz­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz wählt des­halb einen an­de­ren An­satz: Es baut das be­währ­te HGB-​Bi­lanz­recht zu einem Re­gel­werk aus, das den in­ter­na­tio­na­len Rech­nungs­le­gungs­stan­dards gleich­wer­tig, aber we­sent­lich kos­ten­güns­ti­ger und in der Pra­xis ein­fa­cher zu hand­ha­ben ist. Ins­be­son­de­re bleibt es dabei, dass die HGB-​Bi­lanz Grund­la­ge der steu­er­li­chen Ge­winn­er­mitt­lung und der Aus­schüt­tungs­be­mes­sung ist. Dies er­mög­licht ins­be­son­de­re den mit­tel­stän­di­schen Un­ter­neh­men, wei­ter­hin nur ein Re­chen­werk - die sog. Ein­heits­bi­lanz - auf­zu­stel­len, das Grund­la­ge für alle ge­nann­ten Zwe­cke ist.

Mit fol­gen­den Maß­nah­men wird die Aus­sa­ge­kraft des han­dels­recht­li­chen Jah­res­ab­schlus­ses verbessert:

  • Selbst­ge­schaf­fe­ne im­ma­te­ri­el­le Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de des An­la­ge­ver­mö­gens
    Im­ma­te­ri­el­le selbst­ge­schaf­fe­ne Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de des An­la­ge­ver­mö­gens wie zum Bei­spiel Pa­ten­te oder Know-​how kön­nen künf­tig in der HGB-​Bi­lanz an­ge­setzt wer­den. Das ist vor allem für in­no­va­ti­ve Un­ter­neh­men wich­tig, die in­ten­siv for­schen und ent­wi­ckeln - bei­spiels­wei­se die che­mi­sche oder phar­ma­zeu­ti­sche In­dus­trie oder die Au­to­mo­bil­in­dus­trie nebst ihren Zu­lie­fe­rern. Ins­be­son­de­re pro­fi­tie­ren auch klei­ne und so­ge­nann­te Start-​up-​Un­ter­neh­men von der Vor­schrift. Auch sie kön­nen ihre Ent­wick­lun­gen - ihr Po­ten­ti­al - künf­tig in der Han­dels­bi­lanz zei­gen. Da­durch kön­nen die Un­ter­neh­men ihre Ei­gen­ka­pi­tal­ba­sis aus­bau­en und ihre Fä­hig­keit ver­bes­sern, sich am Markt kos­ten­güns­tig wei­te­res Ka­pi­tal zu be­schaf­fen. Steu­er­lich blei­ben die Auf­wen­dun­gen nach wie vor ab­zugs­fä­hig; sie ste­hen auch nicht für die Ge­winn­aus­schüt­tung zur Ver­fü­gung. Das för­dert die Wett­be­werbs­fä­hig­keit Deutsch­lands als Stand­ort für in­no­va­ti­ve Un­ter­neh­men.
  • Be­wer­tung von Fi­nanz­in­stru­men­ten zum Markt­wert
    Kre­dit­in­sti­tu­te müs­sen Fi­nanz­in­stru­men­te wie Ak­ti­en, Schuld­ver­schrei­bun­gen, Fonds­an­tei­le und De­ri­va­te, so­weit sie im Han­dels­be­stand ge­hal­ten wer­den, künf­tig zum Bi­lanz­stich­tag grund­sätz­lich mit dem Markt­wert (Fair Value) be­wer­ten. Das ent­spricht der bis­he­ri­gen Pra­xis der Kre­dit­in­sti­tu­te, ver­ein­facht und ver­ein­heit­licht die han­dels­recht­li­che Rech­nungs­le­gung, ist in­ter­na­tio­nal üb­lich und wird nun auch im HGB-​Bi­lanz­recht ver­an­kert. Da­durch er­höht sich die Aus­sa­ge­kraft des Jah­res­ab­schlus­ses im Hin­blick auf je­der­zeit rea­li­sier­ba­re Ge­win­ne und Ver­lus­te. Die Kre­dit­in­sti­tu­te müs­sen dabei einen an­ge­mes­se­nen Ri­si­ko­ab­schlag be­rück­sich­ti­gen und einen aus­schüt­tungs­ge­sperr­ten Son­der­pos­ten als zu­sätz­li­chen Ri­si­ko­puf­fer bil­den. Die­ser Son­der­pos­ten ist in guten Zei­ten aus einem Teil der Han­dels­ge­win­ne auf­zu­bau­en und kann in schlech­te­ren Zei­ten zum Aus­gleich von Han­dels­ver­lus­ten ver­wen­det wer­den. Er wirkt daher an­ti­zy­klisch. Hier sind Kon­se­quen­zen aus der Fi­nanz­markt­kri­se ge­zo­gen wor­den.
  • Ab­schaf­fung nicht mehr zeit­ge­mä­ßer Wahl­rech­te
    Dar­über hin­aus wird das HGB-​Bi­lanz­recht vom "Bal­last" der ver­gan­ge­nen Jahre be­freit. Nicht mehr zeit­ge­mä­ße Bi­lan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten, die den Un­ter­neh­men ein­ge­räumt wur­den, wer­den ein­ge­schränkt oder auf­ge­ho­ben. Diese be­ein­träch­tig­ten zum Teil den In­for­ma­ti­ons­ge­halt und die Ver­gleich­bar­keit von Jah­res­ab­schlüs­sen. Dies gilt bei­spiels­wei­se für die auch steu­er­lich nicht an­er­kann­te Mög­lich­keit, Rück­stel­lun­gen für ei­ge­nen künf­ti­gen In­stand­set­zungs­auf­wand zu bil­den.
  • Trans­pa­renz be­züg­lich der Zweck­ge­sell­schaf­ten
    Das Ge­setz ent­hält auch Re­ge­lun­gen für mehr In­for­ma­ti­on und Trans­pa­renz im han­dels­bi­lan­zi­el­len Um­gang mit Zweck­ge­sell­schaf­ten. Die wirt­schaft­li­che Si­tua­ti­on der Zweck­ge­sell­schaft und das wirt­schaft­li­che Ri­si­ko für den Kon­zern sol­len bes­ser aus dem Jah­res­ab­schluss des Kon­zerns ab­zu­le­sen sein. Zum einen müs­sen die Un­ter­neh­men künf­tig schon dann in den Kon­zern­ab­schluss ein­be­zo­gen wer­den, wenn das Mut­ter­un­ter­neh­men un­mit­tel-​ oder mit­tel­bar einen be­herr­schen­den Ein­fluss aus­üben kann. Das ist ins­be­son­de­re dann der Fall, wenn es bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tungs­wei­se die Mehr­heit der Ri­si­ken und Chan­cen der Zweck­ge­sell­schaft trägt. Bis­her kommt es dar­auf an, ob das Mut­ter­un­ter­neh­men an der Zweck­ge­sell­schaft eine ge­sell­schafts­recht­li­che Be­tei­li­gung hält. Zum an­de­ren müs­sen die Un­ter­neh­men künf­tig im An­hang über Art, Zweck und fi­nan­zi­el­le Aus­wir­kun­gen von nicht in der Bi­lanz er­schei­nen­den Ge­schäf­ten be­rich­ten, so­weit dies für die Be­ur­tei­lung der Fi­nanz­la­ge not­wen­dig ist. Damit wird eine EU-​recht­li­che Vor­ga­be um­ge­setzt. Au­ßer­dem haben die Un­ter­neh­men künf­tig dar­zu­le­gen, wel­che Über­le­gun­gen ihrer Ri­si­ko­ein­schät­zung im Hin­blick auf Even­tual­ver­bind­lich­kei­ten zu­grun­de lie­gen. Hier ge­nügt es nicht, den Ab­schluss­adres­sa­ten nur über die Summe der be­ste­hen­den Even­tual­ver­bind­lich­kei­ten zu in­for­mie­ren, die da­hin­ter ste­hen­den Ri­si­ken und die Ein­schät­zung ihres Ein­tritts aber im Dun­keln zu las­sen.
  • Wei­te­re, aus EU-​recht­li­chen Vor­ga­ben re­sul­tie­ren­de Än­de­run­gen
    Sons­ti­ge EU-​recht­li­chen Vor­ga­ben, ins­be­son­de­re die Vor­ga­ben zum Un­ter­neh­mens­füh­rungs­be­richt und zur Ein­rich­tung eines Prü­fungs­aus­schus­ses wer­den "eins zu eins" - also mit ge­ringst mög­li­cher Be­las­tung für die Un­ter­neh­men - in deut­sches Recht um­ge­setzt. Zum Bei­spiel müs­sen ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te Un­ter­neh­men, die be­reits ein Auf­sichts­or­gan haben, je­den­falls dann kei­nen Prü­fungs­aus­schuss ein­rich­ten, wenn des­sen Auf­ga­ben durch das Auf­sichts­or­gan wahr­ge­nom­men wer­den. Auch wer­den den Un­ter­neh­men keine Vor­ga­ben für die Ein­rich­tung eines in­ter­nen Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems ge­macht. Die Ent­schei­dung über die Ein­rich­tung und die Art und den Um­fang eines Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems liegt im Auf­ga­ben­be­reich der ge­schäfts­füh­ren­den Or­ga­ne eines Un­ter­neh­mens.

3. In­kraft­tre­ten

Das Ge­setz soll un­mit­tel­bar nach Zu­stim­mung durch den Bun­des­rat, Aus­fer­ti­gung und Ver­kün­dung in Kraft tre­ten. Die neuen Bi­lan­zie­rungs­re­ge­lun­gen sind ver­pflich­tend für Ge­schäfts­jah­re ab dem 1. Ja­nu­ar 2010 an­zu­wen­den. Sie kön­nen frei­wil­lig be­reits für den Ab­schluss 2009 an­ge­wen­det wer­den, je­doch nur als Ge­samt­heit. Ei­ni­ge Vor­schrif­ten, ins­be­son­de­re zur Um­set­zung EU-​recht­li­cher Vor­ga­ben, gel­ten ver­pflich­tend schon für das Ge­schäfts­jahr 2009. Bi­lan­zie­rungs­er­leich­te­run­gen für klei­ne und mit­tel­gro­ße Un­ter­neh­men kön­nen - so­weit dies noch mög­lich ist - schon für das Ge­schäfts­jahr 2008 in An­spruch ge­nom­men wer­den.Wei­te­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie unter: www.bmj.de/bilmog

Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 26.03.09