Voraussetzung für die „vereinfachte Auseinandersetzung“ einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist nach einem BGH-Urteil, dass kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist. Andernfalls muss eine zeit- und kostenintensive Auseinandersetzungsbilanz erstellt werden. Inwieweit Gesellschaftsvermögen vorliegt, sollten Unternehmer und Freiberufler daher unbedingt klären.
Sachverhalt
Zwischen den beiden Gesellschaftern einer GbR entstand Streit darüber, ob die Gesellschaft beendet sei und wie die Ausgleichsansprüche zu ermitteln seien. Eine Auseinandersetzungsbilanz wurde nicht erstellt, stattdessen stützte der eine GbR-Gesellschafter seine Ansprüche gegen den anderen Gesellschafter auf verschiedene Aufstellungen. Das LG Berlin hat die Klage abgewiesen. Das KG hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Zur Geltendmachung des Auseinandersetzungsguthabens ist nach Auflösung einer GbR keine Auseinandersetzungsbilanz erforderlich, die von den Gesellschaftern festgestellt worden ist, wenn kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist, das zu liquidieren wäre. Falls ein Gesellschafter für sich ein Guthaben beansprucht, kann er dieses aufgrund einer vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter geltend machen. Eventuelle Streitpunkte über die Richtigkeit der Schlussrechnung sind aufgrund dieser vereinfachten Auseinandersetzungsrechnung zu entscheiden.
Eine solche vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung muss den Ausgleichsanspruch nachvollziehbar darlegen. Dazu müssen die Parameter einbezogen werden, die für die Berechnung wesentlich sind. Zudem gilt der Grundsatz der Gesamtabrechnung auch für die Ausgleichsansprüche der Gesellschafter untereinander, die sich an die Liquidation anschließen, um ein Hin- und Herzahlen zu vermeiden. Dabei besteht grundsätzlich eine Durchsetzungssperre bezüglich der einzelnen Rechnungsposten.
Weitergehende Anforderungen gelten für eine vereinfachte Auseinandersetzungsrechnung nicht. Vielmehr ist über die Richtigkeit einzelner Positionen der Auseinandersetzungsrechnung im Prozess zu entscheiden. Das Gericht hat die Positionen, die es für unberechtigt hält, abzuziehen.
Schließlich kann bei einer solchen vereinfachten Auseinandersetzung auch der Gesellschafter selbst, der nach der Auflösung der GbR für sich ein Guthaben beansprucht, diesen Anspruch unmittelbar gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter richten, wenn kein (sonstiges) zu liquidierendes Gesellschaftsvermögen mehr vorliegt.
Folgerungen aus der Entscheidung
Der BGH hat seine bisherigen Grundsätze zur Auseinandersetzung von Personengesellschaften weiter präzisiert: Besteht noch Gesellschaftsvermögen, ist vor der gerichtlichen Auseinandersetzung zunächst eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen und anschließend im Namen der Gesellschaft gegen den ausgleichspflichtigen Gesellschafter vorzugehen.
Liegt kein Gesellschaftsvermögen mehr vor, können die Gesellschafter im eigenen Namen gegen den jeweils anderen Gesellschafter vorgehen, ohne dass eine Auseinandersetzungsbilanz erstellt worden ist.
Nicht entschieden hat der BGH den Fall, in dem kein nennenswertes Vermögen, aber immerhin noch gemeinsames Vermögen vorliegt. Insoweit spricht vieles dafür, dass auch dies im Wege einer vereinfachten Auseinandersetzung geschehen kann, sofern auch hier der Auseinandersetzungsanspruch nachprüfbar dargelegt werden kann und alle wesentlichen Parameter einbezogen werden.
Praxishinweis
Die Entscheidung zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass bei der Auseinandersetzung von Personengesellschaften geklärt wird, ob noch Gesellschaftsvermögen besteht. Denn davon hängt ab, ob eine Auseinandersetzungsbilanz erstellt werden muss, die mit zusätzlichem Zeitaufwand und Kosten verbunden ist. Im Ergebnis dürfte dies aber wohl nur relevant werden, sofern die Gesellschaft nur noch aus zwei Gesellschaftern besteht, die sich trennen wollen. Denn ansonsten dürfte regelmäßig noch Gesellschaftsvermögen bestehen, wenn die Gesellschaft auch nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters ihre Tätigkeit fortsetzt. Diese Grundsätze hat der BGH für die GbR entschieden, sie dürften aber gleichwohl grundsätzlich jedenfalls auch für die Partnerschaftsgesellschaften gelten.
Bei den Personenhandelsgesellschaften sollte beachtet werden, dass diese aufgrund der Regelungen im HGB wohl gleichwohl für Offenlegungszwecke einen Jahresabschluss nach handelsrechtlichen Grundsätzen erstellen müssen. Für steuerliche Zwecke muss grundsätzlich eine Schlussbilanz erstellt werden, sodass die Grundsätze des BGH nur für die zivilrechtliche Auseinandersetzung gelten.
BGH, Urt. v. 13.10.2015 - II ZR 214/13
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz