Die Aufklärung über die Risiken einer OP muss so frühzeitig sein, dass dem Patienten genügend Bedenkzeit verbleibt. Ein Aufklärungsgespräch erst am Tag der Operation oder sogar erst während der OP-Vorbereitung ist wegen des bestehenden Zeitdrucks grundsätzlich verspätet. Das hat das Landgericht Frankenthal entschieden und einer Frau Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 € zugesprochen.
Darum geht es
Die Frau litt unter mehreren Augenbeschwerden, unter anderem starker Kurzsichtigkeit, erhöhtem Augeninnendruck und Trübung einer Linse.
In einer Augenarztpraxis in der Metropolregion Rhein-Neckar wurde ihr deshalb bei einem Auge eine Linse mit mehreren Sehstärken eingesetzt. Kurze Zeit nach der OP kam es zu einer wesentlichen Verschlechterung der Sehfähigkeit auf nur noch 25 %.
Die Patientin gab dem operierenden Arzt hierfür die Schuld; ihm seien Fehler bei der Behandlung unterlaufen.
Außerdem habe er sie nicht ausreichend über die Risiken der Operation aufgeklärt, weshalb sie sich nicht für eine andere, weniger riskante Behandlung entschieden habe. Sie verklagte den behandelnden Arzt auf ein angemessenes Schmerzensgeld.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Klage hatte vor dem Landgericht Frankenthal Erfolg.
Zwar konnte die, durch einen Sachverständigen beratene, Kammer nicht feststellen, dass die Operation fehlerhaft abgelaufen war. Allerdings sei der Eingriff bereits wegen fehlender wirksamer Einwilligung rechtswidrig gewesen.
Der Arzt habe nicht beweisen können, dass die Patientin vor der OP rechtzeitig und ausreichend aufgeklärt worden war.
Nach dem eigenen Vortrag des Arztes habe das Aufklärungsgespräch erst am OP-Tag, etwa eine halbe Stunde vor dem Eingriff im Rahmen einer vorbereitenden Untersuchung stattgefunden.
Das sei nicht ausreichend, um einem Patienten eine freie Entscheidung für oder gegen eine Operation ohne Zeitdruck zu ermöglichen, so die Kammer. Darüber hinaus habe die, von dem Arzt behauptete, Aufklärung auch inhaltliche Mängel aufgewiesen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es ist Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken eingelegt worden.
Landgericht Frankenthal, Urt. v. 30.05.2022 - 4 O 147/21
Quelle: Landgericht Frankenthal, Pressemitteilung v. 27.07.2022