Die Sondereigentumsbezeichnung „Laden“ in der Teilungserklärung stellt nicht in jedem Fall eine Nutzungsbeschränkung mit Vereinbarungscharakter dar.
Die nähere Bezeichnung von Sondereigentum in der Teilungserklärung als "Laden" hat nicht die Bedeutung einer Nutzungsbeschränkung mit Vereinbarungscharakter, wenn sich aus der Gemeinschaftsordnung ergibt, dass sämtliche Sondereigentumseinheiten nicht von vorneherein ausschließlich der Nutzung als Wohnraum oder als gewerbliche Räume zugeordnet werden.
§ 2 Gegenstand des Wohnungseigentums und Begriffsbestimmungen
1) Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer abgeschlossenen Wohnung oder einem bewohnbaren Raum in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
2) Teileigentum ist das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen eines Gebäudes in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört.
§ 3 Nutzung
1) Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, die in seinem Sondereigentum stehenden Räume, die seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Gegenstände und neben den übrigen Miteigentümern das gemeinschaftliche Eigentum in der jeweiligen Zweckbestimmung entsprechenden Weise zu nutzen, soweit nicht das Gesetz, diese Gemeinschaftsordnung oder die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer oder Rechte Dritter entgegenstehen.
2) Zur Ausübung eines Gewerbes oder eines Berufes in den dem Sondereigentum unterliegenden Räumen ist der Wohnungseigentümer nur mit Zustimmung des Verwalters berechtigt. Ausgenommen hiervon sind die Sondereigentumseinheiten im Erdgeschoß, 1. Obergeschoss und 2. Obergeschoss, die jederzeit gewerblich genutzt werden dürfen.
Das OLG stellt zunächst fest, dass für die die betroffene Wohnanlage die Nutzung des Sondereigentums durch § 3 der Gemeinschaftsordnung geregelt wurde, der einer Vereinbarung nach § 15 Abs. 1 WEG gleichsteht. Es führt unter Verweis auf die Rechtsprechung des BayObLG (BayObLG, Beschl. v. 11.01.1982 - BReg 2 Z 96/80, MDR 1982, 496; BayObLG, Beschl. v. 23.03.1983 – Breg 2 Z 56/82, BReg 2 Z 59/82, BayOblGZ 1983, 73) aus, dass Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung vom Rechtsbeschwerdegericht selbständig auszulegen sind. Dabei kommt es nicht auf den Willen des Verfassers an, sondern, wie bei allen Grundbucheintragungen, allein auf den Wortlaut und Sinn, wie sich dieser für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Im vorliegenden Fall ist aus § 3 GO für die im unteren und im oberen Teil des Gebäudes liegenden Sondereigentumseinheiten eine differenzierende Regelung für die Voraussetzung der gewerblichen Nutzung getroffen. Die Einheiten beider Haushälften werden dabei als Sondereigentum bezeichnet. Im Zusammenhang mit der in § 2 GO enthaltenen Begriffsbestimmung wird deutlich, dass sämtliche Sondereigentumseinheiten nicht von vorn herein nur dem Zweck der Wohnnutzung (durch die Bezeichnung als „Wohnungseigentum“) oder der gewerblichen Nutzung (durch die Bezeichnung als „Teileigentum“) zugeordnet werden. Aus § 3 GO ist vielmehr zu entnehmen, dass eine Wohnnutzung für alle Sondereigentumseinheiten genehmigungsfrei ist, eine gewerbliche Nutzung dagegen nur für die drei unteren Geschosse. Die Auslegung der Teilungserklärung ergibt daher, dass eine Wohnraumnutzung der verfahrensgegenständlichen Einheit ohne weiteres zulässig ist.
Das OLG sieht daher die Entscheidung über die Nutzung sämtlicher Wohneinheiten zu Wohnzwecken nach der Gemeinschaftsordnung als nicht nicht dem Mehrheitsprinzip unterworfen. Die Wohnungseigentümerversammlung war daher für die am 10.2.2005 getroffene Beschlussfassung absolut unzuständig (BayObLG NZM 2005, 825/826). Der entsprechende Beschluss ist folglich nicht nur anfechtbar, sondern nichtig.
Anmerkung: Die Entscheidung macht deutlich, dass bei Abfassung der Gemeinschaftsordnung eine möglichst genaue und sorgfältige Beschreibung der Einheiten („Wohnungseigentum“, „Teileigentum“) und ihrer zulässigen Nutzung erforderlich ist.
Quelle: Th. Emmert - Urteilsanmerkung vom 30.05.07