Durch die Weitergabe von Prozessunterlagen an den Vormieter, damit dieser gegen den ehemaligen Vermieter seine Ansprüche geltend machen kann, verletzt der Mieter keine Pflichten aus dem Mietvertrag. Das hat das Amtsgericht München entschieden. In einem vorhergehenden Prozess hatten die Mieter wegen einer falschen Wohnflächenberechnung zu viel gezahlte Miete von ihrer Vermieterin erstritten.
Darum geht es
Die Klägerin aus München vermietete ihre Doppelhaushälfte in München Obermenzing an die beiden beklagten Mieter mit Mietvertrag vom 05.08.2009. Darin war eine Miete von 1.950 € monatlich für 185 m² Wohnfläche vereinbart. In der Folgezeit minderten die Mieter den Mietzins, da sie eine Wohnflächenberechnung erstellen ließen, die eine Wohnfläche von nur 148,46 m² ergab.
Es kam zwischen den Parteien zu einem Prozess über die richtige Miethöhe, bei dem ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde zur Größe des Hauses. Der Sachverständige errechnete eine Wohnfläche von 158,46 m² und eine daraus geschuldete Monatsmiete von 1.670,25 €. Die Mieter haben also den Prozess gewonnen.
Die Prozessunterlagen samt der Wohnflächenberechnung haben die beklagten Mieter an ihre Vormieter herausgegeben, die nach Berlin verzogen sind. Die vormaligen Mieter haben daraufhin gegenüber der Vermieterin auch die Flächenabweichung geltend gemacht und von ihr den Ersatz des Differenzschadens gefordert. Sie verklagten ihre ehemalige Vermieterin, die im Prozess rechtskräftig zur Rückzahlung von 15.000 € zu viel bezahlter Miete aufgrund der Wohnflächenabweichung verurteilt wurde.
Die Vermieterin kündigte am 17.12.2013 den Mietern das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos und auch ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Das Vertrauensverhältnis zwischen der Vermieterin und den beklagten Mietern sei gänzlich zerstört. Die beklagten Mieter hätten an die vormaligen Mieter vertrauliche Prozessunterlagen aus einem Verfahren zwischen den Parteien wegen der Wohnflächenabweichung an die Vormieter weitergegeben.
Diese hätten erst durch die Weitergabe der Unterlagen von der Flächenabweichung erfahren und konnten ihre Ansprüche gegen die ehemalige Vermieterin geltend machen. Das Verhalten der Mieter ist nach Ansicht der Vermieterin allein darauf gerichtet, der Vermieterin in jeder Hinsicht zu schaden. Das Verhalten sei verwerflich, da die Mieter wirtschaftlich davon überhaupt nicht profitieren würden.
Die beiden Mieter räumten das Haus nicht. Daraufhin erhob die Vermieterin Räumungsklage vor dem Amtsgericht München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter wies die Klage ab. Das Mietverhältnis ist nicht durch die Kündigungen der Vermieterin beendet.
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die von der Vermieterin vorgetragenen Kündigungsgründe weder die außerordentliche Kündigung noch die ordentliche Kündigung rechtfertigen. Es liege weder ein wichtiger Grund vor, noch ein berechtigtes Interesse der Vermieterin noch eine erhebliche Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Mieter.
Die Weitergabe der Prozessunterlagen einschließlich des Gutachtens und der sonstigen Beweismittel an die Vormieter, damit diese ihre -offenbar berechtigten-Ansprüche gegen die Vermieterin durchsetzen können, stelle keine Verletzung der mietvertraglichen Pflichten dar. Die Vormieter hätten ein Recht zur Akteneinsicht nach § 299 ZPO gehabt, da sie ein rechtliches Interesse daran besaßen, nämlich die Unterlagen in ihrem eigenen Prozess zu verwenden.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 21.05.2014 - 452 C 2908/14
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 26.06.2015