Mieter können sich auf die Richtigkeit der Produktangaben des Farbenherstellers und die Beratung eines Verkäufers in einem Baumarkt verlassen, wenn sie eine geeignete Farbe suchen, um ihre Wohnung zu streichen. Das hat das Amtsgericht München entschieden. Im Streitfall hatte der Vermieter behauptet, die verwendete Farbe sei für den Wohnbereich ungeeignet und fördere die Schimmelbildung.
Darum geht es
Im Juni 2006 mietete ein Ehepaar ein Haus mit Garten in München an. Vor dem Einzug strichen die beiden die Innenwände des Hauses mit den Farben „Profiweiß“ und „Super Color Wohnraumfarbe“, seidenglänzend. Die Farben waren von ihnen nach Beratung durch einen Verkäufer in einem Baumarkt erworben worden. Sie zogen Ende September 2014 in ein anderes Haus um.
Bei der Hausübergabe an die Vermieterin behauptete diese nach Beratung durch ihren Architekten, dass die Farben für Wohnräume ungeeignet sind und die Schimmelbildung fördern. Sie verlangte von den Mietern die Entfernung der Farbe. Die Mieter kamen dieser Aufforderung nicht nach, überstrichen jedoch einige der Wände mit einer weißen Farbe. Die Vermieterin ließ vor der Weitervermietung keine Malerarbeiten mehr vornehmen. Zu einer Schimmelbildung ist es während der Mietzeit des Ehepaares nicht gekommen.
Die Vermieterin verlangte von den ehemaligen Mietern Schadensersatz in Höhe von 4.000 €. Die Entfernung der von den Beklagen verwendeten Farben über eine Fläche von 300 Quadratmetern und das anschließende zweimalige Überstreichen dieser Fläche würde 4.000 € kosten. Dies sei notwendig, da die hochglänzenden, abwaschbaren Farben nicht atmungsaktiv seien und deshalb die Schimmelbildung förderten.
Die ehemaligen Mieter weigerten sich zu zahlen. Daraufhin erhob die Vermieterin Klage zum Amtsgericht München.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der zuständige Richter wies die Klage in vollem Umfang ab.
Es bestünden schon erhebliche Zweifel, ob die Mieter eine Nebenpflicht aus dem Mietvertrag durch das Auftragen der Farbe verletzt haben. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Farbauftrag die Mietsache verschlechtert hätte. Die Behauptung der Vermieterin, eine Schädigung sei zu befürchten, sei aus der Luft gegriffen, da seit 2006, als die Farbe aufgetragen worden war, es zu keinerlei Schimmelbelastung gekommen sei. Auch habe die Vermieterin vor der Weitervermietung keine Malerarbeiten in Auftrag gegeben und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst keinen Handlungsbedarf sieht.
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass jedenfalls keine schuldhafte Pflichtverletzung durch die Mieter vorliegt. Laut der Produktinformation, die die Mieter im Prozess vorgelegt haben, sind beide Farben diffusionsoffen, das heißt wasserdampf- und atmungsaktiv. Sie eignen sich damit für Wände im Innenbereich.
Ein Mieter darf sich bei der Verwendung von Farben grundsätzlich auf die vom Hersteller getätigten Produktinformationen verlassen. Bei der Auswahl der Farbe durften die Beklagten auch auf die Aussagen des Fachpersonals vertrauen, so das Gericht.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Amtsgericht München, Urt. v. 21.05.2015 - 432 C 7911/15
Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 06.11.2015