imageteam © fotolia.de

Miet- und WEG-Recht -

Corona-Krise: Mietnachlass nur bei einer längeren Schließung?

Wann entfällt bei Ladenschließungen in der Corona-Krise der Mietanspruch? Wann besteht Anspruch auf Mietanpassung? Das Amtsgericht München hat entschieden, dass für eine Vertragsanpassung geänderte Umstände von ca. mindestens drei Monaten erforderlich sind. Da dieser Richtwert im Streitfall nicht erreicht war, lehnte das Gericht eine Vertragsanpassung wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ ab.

Darum geht es

Die Beklagte ist seit 01.01.2001 Mieterin eines Ladens von ca. 78 qm Verkaufs- und ca. 6 qm Nebenfläche in München-Schwabing und betreibt dort eine Mode-Boutique. Im Jahr 2020 belief sich der monatliche Mietzins auf 4.469,64 € brutto zuzüglich Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 285,60 €.

Die Beklagte kündigte der Klägerin mit E-Mail vom 23.03.2020 an, wegen der Schließungsanordnung von Bekleidungsgeschäften im Rahmen der COVID 19 - Pandemie für den Monat April 2020 lediglich einen Mietzins in Höhe von 50 % zu bezahlen.

Die Klägerin widersprach der angekündigten Kürzung. Die Beklagte kürzte die Miete im April 2020 dennoch um einen Betrag in Höhe von 2.234,82 €. Die Schließung wurde von 17.03. bis 26.04.2020 angeordnet.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagten stehe aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Mietkürzungsrecht zu.

Die Beklagte ist der Auffassung, es liege aufgrund der Schließungsanordnung ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vor, da der Laden nicht geöffnet werden durfte. Deswegen sei die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum von der Zahlung der vereinbarten Miete völlig befreit gewesen.

Jedenfalls aber könne sie aus dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage eine Vertragsanpassung dahingehend verlangen, dass die Miete sich um 50 % reduziere.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht München hat der Klage der Vermieterin gegen eine Modeboutique auf Zahlung eines ausstehenden Mietanteils in Höhe von 2.234,82 € stattgegeben.

Ein Mangel, der zur Minderung berechtigte, ist nach dem Urteil nicht gegeben. Der Vermieter hat nämlich grundsätzlich dem Mieter nur die Möglichkeit des Gebrauchs zu verschaffen und die Mietsache in einem dem Verwendungszweck entsprechenden Zustand zu erhalten.

Der Vermieter schuldet demnach nur die Überlassung der für den Betrieb der notwendigen Räume, nicht aber die Überlassung des Betriebs selbst. Die erfolgreiche Nutzung hingegen gehört zum Verwendungszweck des Mieters.

Überdies begründen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse nur dann einen Sachmangel, wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen.

Ist die Mietsache weiter zur Nutzung grundsätzlich geeignet und nur der geschäftliche Erfolg des Mieters betroffen, realisiert sich das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko. Die Mietsache war trotz der Schließungsanordnung weiterhin zum vereinbarten Betriebszweck geeignet wie vor der behördlichen Anordnung.

Es liegt zwar eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, da beide Parteien bei Vertragsschluss wohl vorausgesetzt haben, dass es nicht zu einer globalen Pandemie mit Betriebsschließungen kommt.

Nicht jede einschneidende Veränderung der gemeinsamen Vorstellungen rechtfertigt eine Vertragsanpassung. Zu beachten ist, dass grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko trägt.

Ferner muss berücksichtigt werden, dass jeder Mieter die Krise anders bewältigt und auch gehalten ist, Kompensationsmaßnahmen zu kreieren, z.B. durch vorgezogene Instandhaltungsarbeiten oder Onlinehandel, bevor er eine Anpassung des Vertrages verlangen kann.

Auch muss bedacht werden, dass der Staat umfangreiche Hilfspakete zur Abwendung wirtschaftlicher Not geschnürt hat, die Umsatzsteuer gesenkt hat und auch Kurzarbeitergeld für Angestellte in Betracht kommt.

Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, es sei zu einem totalen Umsatzausfall gekommen. Ein Onlineshop sei nicht vorhanden. Dies allein ist nicht ausreichend. Ein gesundes Unternehmen kann in der Regel einen Umsatzausfall von fünf Wochen verkraften.

Das Gericht geht davon aus, dass für eine Vertragsanpassung das Vorhandensein von geänderten Umständen während mindestens eines Zeitraums von ca. drei Monaten erforderlich wäre. Dieser Richtwert ist vorliegend bei weitem nicht erreicht.

Das Urteil ist nach Berufungsrücknahme rechtskräftig.

Amtsgericht München, Urt. v. 15.12.2020 - 420 C 8432/20

Quelle: Amtsgericht München, Pressemitteilung v. 13.08.2021

 

Jetzt Mängelexemplar mit 50% Rabatt sichern!
Der topaktuelle Praxisleitfaden zur Bearbeitung Ihrer mietrechtlichen Mandate – auf dem Stand der Mietspiegelreform 2022!

114,00 € zzgl. Versand und USt