Eine wirksame fristlose Kündigung des Mieters wegen erheblicher Gesundheitsgefährdung setzt regelmäßig eine vorherige Abmahnung des Vermieters voraus.
Will der Mieter ein Wohnraummietverhältnis wegen erheblicher Gesundheitsgefährdung gem. §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 1 S. 1 BGB fristlos kündigen, muss er den Vermieter grundsätzlich zuvor gem. § 543 Abs. 3 S. 1 BGB mit angemessener Frist zur Abhilfe auffordern oder abmahnen. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Ein Abhilfeverlangen bzw. eine Abmahnung sind nur unter den Voraussetzungen des § 543 Abs. 3 S. 2 BGB entbehrlich.
Aus dem Wortlaut des mit Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes am 1. September 2001 geltenden - und auf den am 12. Januar 2002 geschlossenen Mietvertrag anwendbaren - § 569 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass die außerordentliche fristlose Kündigung wegen einer erheblichen Gesundheitsgefährdung einen besonders geregelten Fall der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB darstellt. Nach der Gesetzessystematik gilt für die außerordentliche fristlose Kündigung wegen einer erheblichen Gesundheitsgefährdung deshalb ebenso wie für jede andere außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, dass die Kündigung gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist, wenn der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag besteht, und dass eine Fristsetzung oder Abmahnung nur unter den Voraussetzungen des § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB entbehrlich ist. Da der Vermieter durch den Mietvertrag verpflichtet wird, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und zu erhalten (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), verletzt der Vermieter, der einen die Gesundheit gefährdenden Zustand der Mieträume nicht beseitigt, regelmäßig eine Pflicht aus dem Mietvertrag. Auch die Wirksamkeit der Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung setzt demnach grundsätzlich eine Fristsetzung oder Abmahnung voraus.
Anmerkung: Die Frist muss regelmäßig so ausreichend bemessen sein, dass der Vermieter in der Lage ist, Abhilfe zu schaffen (Blank in Schmidt-Futterer, 9. Aufl § 543 Rdn. 30). Je dringlicher die Angelegenheit ist, desto kürzer kann die Frist bemessen sein.
Achtung: Wird die Frist zu kurz bemessen, entfällt das Kündigungsrecht nicht völlig, sondern kann erst zu einem angemessenen Zeitpunkt ausgeübt werden LG Frankfurt / M. v. 18.11.1986 – 2/11 S 219/86, WuM 1987, 55). Ausnahmsweise ist in den Fällen des § 543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 – 3 BGB nicht erforderlich, nämlich:
- Wenn eine Frist oder Abhilfe offensichtlich keinen Erfolg verspricht. Dies ist dann der Fall, wenn der Vermieter entweder nicht in der Lage (LG Hamburg Urt. v. 04.07.1986 – 11 S 80/86, WuM 1986, 313) oder erklärtermaßen und endgültig nicht willens (Blank, aaO, Rdn. 34) ist, Abhilfe zu schaffen.
- Wenn dem Mieter ein Zuwarten mit der Kündigung nicht mehr zumutbar ist. In Betracht kommen hier Fälle, in denen der Mieter den Vermieter bereits mehrmals vergeblich zur Mangelbeseitigung aufgefordert hat (LG Stuttgart v. 15.12.1997 – 27 O 452/97, NZM 1998, 483) oder die notwendigen Abhilfemaßnahmen dem Mieter aufgrund ihrer Dauer oder Intensität nicht zugemutet werden können (OLG Düsseldorf v. 14.01.993 – 10 U 88/02, DWW 1993/99).
Quelle: RA Emmert - Urteilsanmerkung vom 13.06.07