Die im gerichtlichen Verfahren angefallene Verfahrensgebühr nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe wird infolge der Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vermindert.
Es kommt nicht darauf an, ob die Kläger dem Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr gezahlt haben oder ob dieser die Geschäftsgebühr gegenüber seinen Mandanten überhaupt geltend gemacht hat.
Aus dem Sachverhalt
Der den Klägern im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt war für diese bereits vorgerichtlich tätig. Bei der Festsetzung der Prozesskostenhilfeanwaltsvergütung hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zur Festsetzung angemeldete 1,3 Verfahrensgebühr unter Berücksichtigung der Anrechnung der prozessual entstandenen Geschäftsgebühr nur in Höhe eines Satzes von 0,65 festgesetzt. Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Mit seiner Beschwerde hat der Rechtsanwalt vor dem Oberlandesgericht Oldenburg keinen Erfolg.
Aus den Gründen
Das Oberlandesgericht hat darauf hingewiesen, dass sich in Folge der Anrechnungsvorschrift auch im Prozesskostenhilfeverfahren die angefallene Verfahrensgebühr vermindert wird. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Partei die Geschäftsgebühr gezahlt hat oder diese Geschäftsgebühr überhaupt geltend gemacht wurde. Allein die Entstehung der Geschäftsgebühr führt nach Ansicht des Oberlandesgerichts zu einer automatischen Kürzung der Verfahrensgebühr. Der durch die Kürzung entfallene Teil der Verfahrensgebühr lebt auch nicht nachträglich wieder auf, sofern es dem Prozesskostenhilfeanwalt nicht gelingt, seinen Vergütungsanspruch hinsichtlich der Geschäftsgebühr gegenüber dem Mandaten zu realisieren. Eine derartige Ausnahme von der Anrechnungsbestimmung lasse sich aus dem Gesetz nicht entnehmen.
Der Rechtsanwalt ist nicht gehindert, die Vergütungsansprüche für seine außergerichtliche Tätigkeit gegenüber dem Kläger geltend zu machen. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO schließt dies nur für diejenigen Gebührentatbestände aus, die der Rechtsanwalt nach der Beiordnung verwirklicht.
Bedeutung für die Praxis
Es ist zwar zutreffend, dass der Prozesskostenhilfeanwalt durch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht gehindert ist, seine Vergütung für die außergerichtliche Tätigkeit gegenüber dem Auftraggeber geltend zu machen. Die Sperre greift deshalb nicht, weil der Rechtsanwalt für die außergerichtliche Vertretung nicht im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden ist.
Das Oberlandesgericht hat nicht berücksichtigt, dass gem. § 58 Abs. 2 RVG allenfalls die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfeanwaltsvergütung zu verrechnen ist. Vielmehr hat das Oberlandesgericht die nicht gezahlte Geschäftsgebühr in voller Höhe anteilig auf die aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrensgebühr angerechnet.
Ist die Teilung der Geschäftsgebühr von dem Mandanten im Hinblick auf das spätere Klageverfahren mit Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht zu erwarten, so sollte von vorne herein ein unbedingter Klageauftrag erteilt werden. In diesem Fall entsteht keine Geschäftsgebühr und damit auch keine Anrechnung.
Quelle: Dr. Ulrich Prutsch, Rechtsanwalt, Köln - Entscheidungsanmerkung vom 26.02.09