Der BGH hat entschieden, dass eine ausländische Regelung, nach der bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe die Ehefrau der Mutter mit der Geburt zweiter Elternteil (sog. Co-Mutter) des Kindes wird, in Deutschland anzuerkennen ist. Das Standesamt ist zur entsprechenden Eintragung ins Geburtsregister verpflichtet. Im Streitfall ging es um eine Regelung nach südafrikanischem Recht.
Darum geht es
Die Beteiligte zu 1, die die deutsche und südafrikanische Staatsbürgerschaft besitzt, und die Beteiligte zu 2, die südafrikanische Staatsbürgerin ist, leben in Südafrika und schlossen dort im Januar 2008 eine gleichgeschlechtliche Ehe („civil union type marriage“). Die Beteiligte zu 2 hat 2010 das betroffene Kind geboren, das aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses beider Partnerinnen durch künstliche Befruchtung gezeugt worden war. Unter Berufung auf das südafrikanische Recht beantragten die Partnerinnen die Eintragung der Auslandsgeburt im deutschen Geburtenregister.
Das Standesamt (Beteiligter zu 4) lehnte die Beurkundung ab. Der Antrag, das Standesamt zu der Beurkundung anzuweisen, wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Kindes und der Beteiligten zu 1 und 2 wies das Beschwerdegericht das Standesamt an, die Geburt des Kindes und die Beteiligten zu 1 und 2 als seine Eltern einzutragen. Dagegen legte die zuständige Standesamtsaufsicht (Beteiligte zu 3) Rechtsbeschwerde ein.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg.
Die Auslandsgeburt ist nach § 36 Abs. 1 PStG im deutschen Geburtenregister einzutragen, weil das Kind im Rechtssinne von der Ehefrau der Mutter abstammt und es somit auch die für die Eintragung erforderliche deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Für die rechtliche Abstammung ist hier nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB das Recht des Staates maßgeblich, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das ist im vorliegenden Fall das südafrikanische Recht, welches dem Kind beide Partnerinnen als Eltern zuordnet.
Die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung scheitert nicht schon an der im deutschen Recht für eingetragene Lebenspartnerschaften vorgesehenen sogenannten Kappungsgrenze (Art. 17 b Abs. 4 EGBGB), nach der die Wirkungen einer im Ausland eingetragenen Lebenspartnerschaft kraft Gesetzes auf die vom deutschen Recht vorgesehenen Wirkungen begrenzt werden.
Zwar ist auch eine im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe nach den Regeln über die eingetragene Lebenspartnerschaft als ihrer Entsprechung im deutschen Recht zu beurteilen und die Regeln über die Ehe, die aus deutscher Sicht wegen der Gleichgeschlechtlichkeit der Partner zu einer Unwirksamkeit der Eheschließung führen würden, sind nicht anwendbar.
Die für eingetragene Lebenspartnerschaften vorgesehene Kappungsgrenze greift aber deswegen nicht ein, weil die Zuordnung des Kindes zur Ehefrau der Mutter als besondere abstammungsrechtliche Bestimmung, nicht aber als Wirkung der Lebenspartnerschaft im Sinne von Art. 17 b Abs. 4 EGBGB anzusehen ist.
Die Anerkennung der südafrikanischen Rechtslage scheitert auch nicht wegen Verstoßes gegen den sogenannten „ordre public“. Danach ist eine Anerkennung zu versagen, wenn das ausländische Recht mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist (Art. 6 EGBGB).
Eine gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern zugewiesene Elternstellung kann für sich genommen keine Verletzung des „ordre public“ zur Folge haben. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Verhältnisse einer rechtlich verfestigten gleichgeschlechtlichen Partnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe. Das Kindeswohl steht mithin der Anerkennung nicht entgegen.
BGH, Beschl. v. 20.04.2016 - XII ZB 15/15
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. 15.06.2016