Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Kind für den Unterhalt seiner Eltern notfalls auch sein Vermögen einsetzen muss.
Die klagende Körperschaft gewährte der Mutter des Beklagten Sozialhilfe. In diesem Umfang sind eventuelle Unterhaltsansprüche der Mutter auf die Körperschaft übergegangen. Der Beklagte erzielte in diesem Zeitraum ein monatliches Nettoeinkommen, das den Selbstbehalt von seinerzeit monatlich 1.250 € (jetzt: 1.400 €) nicht überstieg, so dasss der Beklagte deswegen aus seinen laufenden Einkünften nicht zur Zahlung von Elternunterhalt leistungsfähig war.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Der Senat hat die – zugelassene – Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Er hat die Auffassung der Vorinstanz gebilligt, wonach das Vermögen des Beklagten nicht für den Unterhaltsanspruch seiner Mutter einzusetzen und er deswegen zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage ist. Ein Teil des Vermögens wird wegen der notwendigen Fahrten zum Arbeitsplatz in Form der Kosten für einen neuen PKW für die eigene allgemeine Lebensführung benötigt und steht deswegen für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung. Im Übrigen dient das Vermögen der angemessenen eigenen Altersvorsorge und braucht deswegen nicht für den Elternunterhalt eingesetzt zu werden.
Zwar muss ein Unterhaltspflichtiger im Rahmen des Verwandtenunterhalts grundsätzlich auch den Stamm seines Vermögens einsetzen (§ 1603 Abs. 1 BGB). Einschränkungen ergeben sich aber daraus, dass nach dem Gesetz auch sonstige Verpflichtungen des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen sind und er seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht zu gefährden braucht. Den Vermögensstamm muss der Unterhaltspflichtige deswegen dann nicht verwerten, wenn ihn dies von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde oder die Verwertung mit einem wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Nachteil verbunden wäre. Auch die Verwertung eines angemessenen, selbst genutzten Immobilienbesitzes kann regelmäßig nicht gefordert werden.
Der Senat hat jetzt entschieden, dass dem Unterhaltspflichtigen auch ein weiteres Vermögen zu belassen ist, das er für eine angemessene eigene Altersvorsorge vorgesehen hat. Auf die Art der Anlage kommt es dabei nicht an, weil es dem Unterhaltspflichtigen frei steht, in welcher Weise er Vorsorge für sein Alter trifft.
Die Höhe des insoweit zu belassenden Schonvermögens ergibt sich im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats aus dem Umfang der neben der gesetzlichen Rentenversicherung unterhaltsrechtlich zuzubilligenden ergänzenden Altersvorsorge. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist der Unterhaltspflichtige im Rahmen des Elternunterhalts berechtigt, neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zu 5 % seines Bruttoeinkommens als zusätzliche private Altersversorgung aufzuwenden. Dann ist es nur konsequent, ihm auch ein Vermögen in der Höhe zu belassen, wie er es mit diesen Aufwendungen im Laufe eines Erwerbslebens ansparen könnte. Im vorliegenden Fall hat der Senat diesen Betrag mit rund 100.000 € bemessen.
Quelle: BGH - Pressemitteilung vom 30.08.06