Erbrecht -

Pflichtteilsansprüche am Vermögen des ehemaligen preußischen Königshauses

Im Streit um die Erbfolge in das Hausvermögen des früheren preußischen Königshauses hat der Bundesgerichtshof über die Revision zweier Prinzen gegen ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen entschieden.

Sie erstreben die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Pflichtteilsprozesses und sind der Ansicht, dass eine bestimmte Klausel im Erbvertrag unwirksam sei. In jenem Verfahren ging es um Pflichtteilsansprüche nach ihrem Vater, dem 1994 verstorbenen Prinzen Louis Ferdinand.

Das Hausvermögen des preußischen Königshauses stand dem Prinzen Louis Ferdinand nach einem Erbvertrag aus dem Jahre 1938 allerdings nur als Vorerbe zu. Es wäre nur dann in den für die geltend gemachten Pflichtteilsansprüche maßgebenden Nachlass gefallen, wenn der Erbvertrag nichtig wäre.

Diesen Standpunkt vertreten die Kläger u.a. im Hinblick auf eine Bestimmung des Erbvertrags, wonach ein Sohn des Prinzen Louis Ferdinand nicht Nacherbe sein kann, wenn er mit einer Frau verheiratet ist, die nicht aus einer dem Hause Preußen ebenbürtigen Familie stammt.

Die Klage auf den Pflichtteil blieb ohne Erfolg. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen hielt den Erbvertrag in einem Urteil vom 23.05.2002 nicht für unwirksam. Zur Begründung bezog es sich u.a. auf den Beschluss des IV. Zivilsenats vom 02.12.1998 (BGHZ 140, 118 ff.), der im Erbscheinsverfahren über die Erbfolge nach dem 1951 gestorbenen ehemaligen Kronprinzen Wilhelm von Preußen ergangen war. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 23.05.2002 wurde vom Senat zurückgewiesen, eine Verfassungsbeschwerde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen.

Aufgrund der Verfassungsbeschwerde eines anderen Beteiligten im Erbscheinsverfahren hob das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 22.03.2004 (NJW 2004, 2008 ff.) den Senatsbeschluss BGHZ 140, 118 ff. auf. Daraufhin haben die Kläger im vorliegenden Verfahren Restitutionsklage beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen erhoben, die durch Urteil vom 10.12.2004 abgewiesen wurde. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts kann der Beschluss (BGHZ 140, 118 ff.) nicht einem präjudiziellen Urteil im Sinne von § 580 Nr. 6 ZPO gleichgestellt werden. Im Übrigen stehe nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts noch nicht fest, dass der Erbvertrag aus dem Jahre 1938 nichtig sei.

Die Revision gegen dieses Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen hat der IV. Zivilsenat mit Urteil vom heutigen Tage zurückgewiesen. Er stützt sich dabei auf § 79 BVerfGG. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber eine abschließende Regelung für die Folgen von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts geschaffen, in denen die Verfassungswidrigkeit einer Norm, ihrer Auslegung oder der Rechtsanwendung durch die Fachgerichte festgestellt wird. Im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit bleiben – abgesehen von Strafurteilen – rechtskräftige Entscheidungen in anderen Verfahren, die nicht vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben worden sind, trotz nachträglich erkannter Verfassungswidrigkeit unberührt. Die vom Bundesverfassungsgericht für die Rechtsanwendung vorgegebenen Maßstäbe sind von den Gerichten zwar bei zukünftigen Entscheidungen zu beachten, ändern aber nichts daran, dass ein bereits unanfechtbar abgeschlossenes Verfahren Bestand behält. Allerdings darf aus den rechtskräftig gewordenen Entscheidungen nicht mehr vollstreckt werden (BVerfG, ZIP 2006, 60 ff.).

Quelle: BGH - Pressemitteilung vom 26.04.06