Erbrecht, Familienrecht -

Entlassung des Testamentsvollstreckers über Schiedsgerichte?

Der Erblasser kann Streitigkeiten über die Entlassung des Testamentsvollstreckers nicht einseitig durch ein Testament der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehen und der Schiedsgerichtsbarkeit zuweisen. Das hat der BGH entschieden. Anders kann dies allerdings bei der Frage zu beurteilen sein, wer zum Testamentsvollstrecker bestimmt wird oder welche Befugnisse dieser hat.

Sachverhalt

Die Erblasserin errichtete zusammen mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches Testament. Sie setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein. Nach dem Tod des Letztversterbenden sollten die Beteiligten zu 1 bis 3 Schlusserben werden. Für den Schlusserbfall wurde zudem Testamentsvollstreckung angeordnet. Zum Testamentsvollstrecker wurde der Beteiligte zu 4 bestimmt.

Weiter wurde testamentarisch für den Schlusserbfall wörtlich wie folgt geregelt:

„Im Wege der Auflage verpflichten wir alle Erben, Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigte für Streitigkeiten, die durch dieses Testament hervorgerufen sind und die ihren Grund in dem Erbfall haben und/oder im Zusammenhang mit der letztwilligen Verfügung oder ihrer Ausführung stehen, sich unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte dem Schiedsgericht für Erbstreitigkeiten e.V. (DSE) und der von dieser zugrunde gelegten jeweils aktuellen Schiedsordnung zu unterwerfen.“

Dem Antrag des Beteiligten zu 4 auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses traten die Beteiligten zu 1 bis 3 sowohl im Rahmen des Erbscheins als auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erfolglos entgegen. Später beantragten die Beteiligten zu 1 bis 3 die Entlassung des als Testamentsvollstrecker eingesetzten Beteiligten zu 4.

Der Entlassungsantrag wurde vorrangig auf die Nichtvorlage eines Nachlassverzeichnisses, unzulänglich erteilte Auskünfte, unterlassene Rechnungslegung und der bewussten Schädigung des Nachlasses bzw. der Erbengemeinschaft gestützt. Der Testamentsvollstrecker rügte aufgrund der Schiedsklausel die Zuständigkeit des Nachlassgerichts und stellte die behaupteten Pflichtverletzungen in Abrede.

Das Nachlassgericht wies den Entlassungsantrag zurück. Das Beschwerdegericht gab dem Antrag statt und wies das Nachlassgericht an, den Beteiligten zu 4 als Testamentsvollstrecker zu entlassen. Das OLG Stuttgart war der Ansicht, dass die Zuständigkeitsrüge nicht durchgreift und zudem ein wichtiger Grund zur Entlassung des Testamentsvollstreckers vorliegt. Zudem greifen keine überwiegenden Gründe für einen Verbleib im Amt. Das Beschwerdegericht ließ zudem die Rechtsbeschwerde zu.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Die erhobene Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit greift auch nach Ansicht des BGH nicht durch. Streitigkeiten über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers nach § 2227 BGB können in einer letztwilligen Verfügung gem. § 1066 ZPO nicht einseitig durch den Erblasser unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit einem Schiedsgericht zugewiesen werden.

Zudem ist nach Ansicht des BGH die Rechtsbeschwerde insoweit unzulässig, als sie die Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes i.S.d. § 2227 BGB betrifft. Lediglich die Frage, ob die Entscheidung über die Entlassung des Testamentsvollstreckers der staatlichen Gerichtsbarkeit entzogen werden kann, hatte grundsätzliche Bedeutung. Dennoch teilte der BGH mit, dass und warum die Entscheidung des OLG zu § 2227 BGB nicht zu beanstanden sei.

Folgerungen aus der Entscheidung

Nunmehr steht fest, dass der Erblasser nicht einseitig durch Testament die Frage der Entlassung des Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund der staatlichen Gerichtsbarkeit entziehen und der Schiedsgerichtsbarkeit zuweisen kann.

Der BGH begründet seine Ansicht damit, dass die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis des Erblassers ihre Grenzen u.a. in § 2220 BGB findet. Der Erblasser kann nach dieser Vorschrift den Testamentsvollstrecker nicht von seinen Verpflichtungen nach den §§ 2215, 2216, 2218 und 2219 BGB befreien. Zwar wird in § 2220 BGB nicht der § 2227 BGB explizit genannt, jedoch findet er aufgrund dessen Rechtsgedankens entsprechende Anwendung. Ohne die Entlassungsmöglichkeit wären die zwingende Rechte der Erben aus den §§ 2215, 2216, 2218 und 2219 BGB kaum durchsetzbar. Und gerade darum bedarf es des Schutzes der Erben durch staatliche Gerichte.

Zudem würde ein Schiedsverfahren bzw. Parteiverfahren auch einer Vielzahl von anderen möglicherweise betroffenen Personen (z.B. Vermächtnisnehmer, andere Erben, Nachlassgläubiger, Pflichtteilsberechtigte, etc.) die Möglichkeit nehmen, Einfluss auf den Ausgang des Entlassungsverfahrens zu nehmen.

Praxishinweis

Der BGH bleibt seiner Linie treu. Im März 2017 hatte der BGH (Beschl. v. 16.03.2017, I ZB 50/16) schon entschieden, dass der gesetzliche Pflichtteilsanspruch, der die Testierfreiheit begrenzt, nicht durch einseitige Verfügung von Todes dem Schiedsverfahren unterstellt werden kann. Daher ist die vorliegende Entscheidung nur folgerichtig.

Zu beachten ist allerdings, dass sich die Rechtsprechung des BGH lediglich auf die Entlassung des Testamentsvollstreckers richtet. Für z.B. die Fragen, wer zum Testamentsvollstrecker bestimmt worden ist oder welche Kompetenzen bzw. Befugnisse der Testamentsvollstrecker hat, dürfte nach wie vor auch eine einseitig durch den Erblasser angeordnete Schiedsklausel die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts hervorrufen.

BGH, Beschl. v. 17.05.2017 - IV ZB 25/16

Quelle: Rechtsanwalt Ralf Mangold