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Versetzung: Wann müssen Arbeitnehmer Weisungen folgen?

Müssen Arbeitnehmer einer Weisung ihres Chefs auch dann folgen, wenn sie diese für „unbillig“ halten? Die Frage stellt sich insbesondere bei Versetzungen. Bislang muss nach der BAG-Rechtsprechung erst ein Gericht rechtskräftig feststellen, dass die Weisung unrechtmäßig war - bis dahin war ggf. einer Versetzung vorläufig zu folgen. Der Zehnte Senat des BAG möchte diese Rechtsprechung ändern.

Darum geht es

Der Zehnte Senat möchte die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer im Anwendungsbereich des § 106 GewO eine unbillige Weisung des Arbeitgebers auch dann nicht befolgen muss, wenn keine dementsprechende rechtskräftige Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen vorliegt. Damit weicht der Senat von der Rechtsprechung des Fünften Senats (22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 24, BAGE 141, 34) ab. Der Zehnte Senat fragt deshalb nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG an, ob der Fünfte Senat an seiner Rechtsauffassung festhält.

Der Kläger ist seit dem Jahr 2001 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er war zuletzt als Immobilienkaufmann am Standort Dortmund eingesetzt. Zwischen den Parteien war im Jahre 2013/14 ein Kündigungsrechtsstreit anhängig, der zugunsten des Klägers ausging.

Nachdem Mitarbeiter im März 2014 eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger abgelehnt hatten, teilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 23.02.2015 mit, dass sie ihn für die Zeit vom 16.03. bis zum 30.09.2015 am Standort Berlin einsetzen werde; eine Beschäftigungsmöglichkeit in Dortmund außerhalb dieses Teams bestehe nicht.

Nachdem der Kläger seine Arbeit am Standort Berlin nicht aufgenommen hatte, mahnte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 26.03.2015 ab. Im April erfolgte eine weitere Abmahnung. Mit Schreiben vom 28.05.2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos.

Mit der vorliegenden Klage möchte der Kläger u.a. festgestellt wissen, dass er nicht verpflichtet war, der Weisung vom 23.02.2015 Folge zu leisten. Des Weiteren begehrt er die Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte. In einem weiteren Verfahren (- 2 AZR 329/16 -) wendet er sich gegen die Wirksamkeit der Kündigung. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Über die Revision der Beklagten kann noch nicht entschieden werden. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die Bestimmungen des Arbeitsvertrags der Parteien ließen zwar grundsätzlich eine Änderung des Arbeitsortes des Klägers zu, die Versetzung von Dortmund nach Berlin habe aber nicht billigem Ermessen entsprochen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der Fünfte Senat hat allerdings die Auffassung vertreten, dass sich ein Arbeitnehmer über eine unbillige Weisung, die nicht aus anderen Gründen unwirksam sei, nicht hinwegsetzen dürfe, solange keine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliege, die deren Unwirksamkeit feststelle.

Der Zehnte Senat möchte hingegen die Auffassung vertreten, dass der Arbeitnehmer einer unbilligen Weisung des Arbeitgebers nicht - auch nicht vorläufig - folgen muss und fragt deshalb nach § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG an, ob der Fünfte Senat an seiner Rechtsauffassung festhält.

BAG, Beschl. v. 14.06.2017 - 10 AZR 330/16

Quelle: BAG, Pressemitteilung v. 14.06.2017

 

Hinweis: Das LAG Köln hat am 10.02.2017 überwiegend nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Weisungsrecht und Versetzung entschieden. Eine ausführliche Erläuterung dieses LAG-Urteils finden Sie hier!