Eine Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit einer Kündigung wegen einer menschenverachtenden Äußerung hatte vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Erfolg. Die Entscheidungen der Arbeitsgerichte, wonach die Äußerung eine Diskriminierung darstellt, die sich nicht unter Berufung auf Meinungsfreiheit rechtfertigen lässt, waren demnach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Darum geht es
Der Beschwerdeführer war Betriebsratsmitglied. Im Rahmen einer Auseinandersetzung während einer Betriebsratssitzung über den Umgang mit einem EDV-System betitelte er seinen dunkelhäutigen Kollegen mit den Worten „Ugah, Ugah!“, der ihn wiederum als „Stricher“ bezeichnete.
Auch aufgrund dieses Vorfalls erhielt der Beschwerdeführer die außerordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses. Die Gerichte für Arbeitssachen erachteten diese nach umfänglicher Beweisaufnahme auch aufgrund einer einschlägigen vorhergehenden Abmahnung, die aber nicht zu einer Änderung seines Verhaltens geführt hatte, als rechtmäßig.
Der Beschwerdeführer rügte mit seiner Verfassungsbeschwerde unter anderem, dass die Gerichte sein Recht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG verletzten, indem sie die Kündigung für rechtmäßig erachteten. Sie hätten seine Grundrechte gegenüber dem Kündigungsinteresse der Arbeitgeberin nicht abgewogen. Man dürfe ihm keine rassistische Einstellung vorwerfen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Begründung unzulässig; sie wäre aber auch unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen der Arbeitsgerichte haben die Wertungen, die sich aus Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit) sowie aus Art. 1 GG (Menschenwürde) und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG (Diskriminierungsverbot) ergeben, nicht verkannt. Sie verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG.
Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch die arbeitsgerichtliche Bestätigung der Kündigung ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Zutreffend wurde die konkrete Situation als maßgeblich angesehen, in der ein Mensch mit dunkler Hautfarbe direkt mit nachgeahmten Affenlauten adressiert wird.
Der Schluss, dass aufgrund der Verbindung zu einem nach § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verpönten Merkmal keine nur derbe Beleidigung vorliege, sondern die Äußerung fundamental herabwürdigend sei, ist auch im Lichte von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, der sich gegen rassistische Diskriminierung wendet, nicht zu beanstanden.
Das Grundrecht der Meinungsfreiheit erfordert im Normalfall eine Abwägung zwischen drohenden Beeinträchtigungen der persönlichen Ehre und der Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit tritt aber jedenfalls zurück, wenn herabsetzende Äußerungen die Menschenwürde antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen.
Das haben die Gerichte hier in Anwendung des Kündigungsschutzrechts nicht verkannt. Sie stützen sich auf §§ 104, 75 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz und §§ 1, 7, 12 AGG, in denen die verfassungsrechtlichen Wertungen der Unantastbarkeit der Menschenwürde und des Diskriminierungsverbots ihren Niederschlag finden. Sie begründen ausführlich, dass und warum es sich um menschenverachtende Diskriminierung handelt.
Danach wird die Menschenwürde angetastet, wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als Affe adressiert wird, und damit das in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ausdrücklich normierte Recht auf Anerkennung als Gleiche unabhängig von der „Rasse“ verletzt wird. Diese Wertung ist ebenso wie die im Rahmen der fristlosen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB geforderte Gesamtwürdigung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
BVerfG, Beschl. 02.11.2020 - 1 BvR 2727/19
Quelle: BVerfG, Pressemitteilung v. 24.11.2020