Spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit muss der Antrag auf Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes schriftlich beim Arbeitgeber vorliegen - eine Beantragung mittels E-Mail oder Fax genügt dem nicht. Das hat das BAG entschieden. Eltern müssen aber auch nach der Einführung des ElterngeldPlus neue und kompliziertere Regelungen beachten.
Sachverhalt
Eine Rechtsanwaltsfachangestellte war bei einem Rechtsanwalt beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.11.2013. Gegen die Kündigung klagte die Arbeitnehmerin mit dem Argument, sie habe dem Rechtsanwalt nach der Geburt ihrer Tochter per Telefax am 10.06.2013 mitgeteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehmen wolle. Der Arbeitgeber dürfe deshalb das Arbeitsverhältnis wegen des Sonderkündigungsschutzes aus dem BEEG nicht kündigen.
Der Arbeitgeber darf danach das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen. Eine Kündigung ist in besonderen Fällen nur ausnahmsweise möglich, wenn die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder eine von ihr bestimmte Stelle die Kündigung für zulässig erklärt. Der Rechtsanwalt wehrte sich im Wesentlichen mit dem Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Danach sei der Antrag auf Elternzeit schriftlich zu stellen. Und Schriftform bedeute nach § 126 BGB, dass das Schreiben eigenhändig mit Namensunterschrift oder notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein müsse. Dafür reiche ein Fax nicht aus.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Das BAG stellte sich auf die Seite des Rechtsanwalts. Denn wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss gem. § 16 Abs. 1 BEEG
- diese spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit anmelden,
- diese schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und
- gleichzeitig erklären, für welche Zeiten diese innerhalb von zwei Jahren genommen werden soll.
Bei der Geltendmachung der Elternzeit handelt es sich nach dem BAG um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung. Mit dieser Erklärung wird das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit zum Ruhen gebracht. Etwas anderes gilt nur, wenn eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit vereinbart wird. Insbesondere bedarf es keiner Zustimmung des Arbeitgebers.
Nach dem Gesetz ist für das Verlangen der Elternzeit das Einhalten der strengen Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB erforderlich. Deshalb muss der Antragsteller dem Arbeitgeber ein unterschriebenes Schriftstück übersenden. Und genau das ist durch ein Telefax oder auch eine E-Mail nicht möglich. Die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform wird in diesen Fällen nicht eingehalten.
Die Rechtsfolge des Formverstoßes ist die Nichtigkeit der Erklärung. Das wiederum ergibt sich aus § 125 S. 1 BGB. Das BAG ging sogar noch weiter: In einigen Fallkonstellationen kann es auch vorkommen, dass ein Arbeitgeber sich aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls treuwidrig verhalten würde, wenn er sich auf das Schriftformerfordernis beruft. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitgeber zuvor gesagt hätte, dass ihm eine mündliche Antragstellung oder ein Telefax ausreichen würde. Eine solche treuwidrige Fallgestaltung hat das BAG hier aber nicht angenommen.
Damit hatte die Rechtsanwaltsfachangestellte keinen ordnungsgemäßen Antrag für eine Elternzeit gestellt. Sie befand sich somit nicht in Elternzeit und hatte auch nicht den Sonderkündigungsschutz aus § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG.
Folgerungen aus der Entscheidung
Eine bittere Entscheidung für die junge Mutter. Denn neben ihrem Arbeitsverhältnis hat sie u.U. auch den Sozialversicherungsschutz verloren. Sie war davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis fortbestehe, die Hauptleistungspflichten allerdings ruhen. Eine fatale Fehleinschätzung, da sie keinen schriftlichen Antrag eingereicht hatte. Insbesondere Rechtsberater sollten dieses Problem kennen und Betroffene auf die besondere Problematik der Schriftform hinweisen.
Praxishinweis
Mit der Einführung des ElterngeldPlus ist vieles anders geworden. Für Eltern, deren Kind nach dem 01.07.2015 geboren worden ist, wurde ein wesentlich komplizierteres Verfahren in Gang gesetzt. Eltern können zwischen Elterngeld und dem ElterngeldPlus wählen oder beides miteinander kombinieren. Stets ist jedoch immer ein schriftlicher Antrag auf Elternzeit erforderlich.
Der Anspruch auf Elternzeit besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Darüber hinaus haben die Eltern bzw. die Erziehungsberechtigten folgende Möglichkeiten:
- Eltern können eine nicht in Anspruch genommene Elternzeit von bis zu 24 Monaten zwischen dem dritten und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch nehmen.
- Arbeitnehmer müssen die Elternzeit, die sie zwischen dem dritten und achten Lebensjahr des Kindes nehmen wollen, 13 Wochen zuvor ankündigen. Bislang musste jede Elternzeit, unabhängig davon, wann sie genommen wurde, sieben Wochen vorher angekündigt werden.
- Eltern können die Elternzeit nun in bis zu drei Abschnitte aufteilen, bisher war das nur in zwei Abschnitten möglich. Möchten Arbeitnehmer den dritten Block der Elternzeit zwischen dem vollendeten dritten und achten Lebensjahr nehmen, hat der Arbeitgeber nur die Möglichkeit, diesen Teil aus dringenden betrieblichen Gründen abzulehnen.
BAG, Urt. v. 10.05.2016 - 9 AZR 145/15
Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader