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BAG: Urteile zur Diskriminierung im Arbeitsleben

Das BAG hat in drei verschiedenen Verfahren zum Thema Diskriminierung im Arbeitsleben Stellung genommen. Dabei ging es zum einen um die Frage, ob die gestaffelten Kündigungsfristen in § 622 Abs. 1 BGB eine altersbedingte Diskriminierung darstellen. Die beiden anderen Verfahren betrafen einen schwerbehinderten Bewerber und die erfolglose Bewerbung einer Mutter eines schulpflichtigen Kindes.

Gestaffelte Kündigungsfristen sind keine altersbedingte Diskriminierung

Im ersten Verfahren (6 AZR 636/13) betrieb die Beklagte eine Golfsportanlage und beschäftigte nicht mehr als zehn Arbeitnehmer. Das Kündigungsschutzgesetz fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien darum keine Anwendung {DB:tt_content:2566:bodytext}

Die 1983 geborene Klägerin war seit Juli 2008 als Aushilfe bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 20.12.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist des § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zum 31.01.2012.

Die Klägerin zieht die prinzipielle Wirksamkeit dieser Kündigung nicht in Zweifel. Sie ist jedoch der Auffassung, die Staffelung der Kündigungsfristen unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit begünstige ältere Arbeitnehmer, weil langjährig beschäftigte Arbeitnehmer naturgemäß älter seien. Jüngere Arbeitnehmer wie sie würden dagegen benachteiligt. Darin liege eine von der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) untersagte mittelbare Diskriminierung wegen des Alters.

Dies habe zur Folge, dass die in § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB vorgesehene längst mögliche Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Ende eines Kalendermonats für alle Arbeitnehmer unabhängig von der tatsächlichen Dauer der Betriebszugehörigkeit gelten müsse. Darum habe das Arbeitsverhältnis erst mit dem 31.07.2012 geendet.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Zwar führt die Differenzierung der Kündigungsfrist nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu einer mittelbaren Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer.

Die Verlängerung der Kündigungsfristen durch § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB verfolgt jedoch das rechtmäßige Ziel, länger beschäftigten und damit betriebstreuen, typischerweise älteren Arbeitnehmern durch längere Kündigungsfristen einen verbesserten Kündigungsschutz zu gewähren.

Zur Erreichung dieses Ziels ist die Verlängerung auch in ihrer konkreten Staffelung angemessen und erforderlich i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i) RL 2000/78/EG. Darum liegt keine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters vor.

Deutlicher Hinweis auf Schwerbehinderung in den Bewerbungsunterlagen

Im zweiten Verfahren (8 AZR 759/13) ging es um einen schwerbehinderten Kläger (Grad der Behinderung  - GdB 50). Im Juni 2010 bewarb er sich erstmalig bei der Beklagten. Dieses Bewerbungsverfahren, zu dem auch die Schwerbehindertenvertretung hinzugezogen worden war, blieb erfolglos.

Ende Juli 2010 bewarb sich der Kläger für eine andere, neu ausgeschriebene Stelle bei der Beklagten. Die Bewerbung wurde bei der Beklagten von einer anderen personalführenden Stelle als die erste Bewerbung bearbeitet. Weder im Bewerbungsanschreiben noch im Lebenslauf wies der Kläger auf seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch hin.

Allerdings hatte er einem Konvolut von Anlagen (Umfang 29 Blatt) als Blatt 24 eine Fotokopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt. Auch diese Bewerbung scheiterte, ohne dass der Kläger von der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war.

Der Kläger verlangt eine Entschädigung, weil er sich wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt sieht. Als Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hätte ihn die Beklagte aufgrund seiner Schwerbehinderung in jedem Fall zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Anders als in den Vorinstanzen hatte die Klage vor dem BAG keinen Erfolg.
Auf die Schwerbehinderteneigenschaft ist gegebenenfalls im Bewerbungsanschreiben oder unter deutlicher Hervorhebung im Lebenslauf hinzuweisen. Unauffällige Informationen oder eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises sind keine ausreichende Information des angestrebten Arbeitgebers (BAG v. 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30).

Die Mitteilung hat bei jeder einzelnen Bewerbung erneut zu erfolgen. Entscheidend ist die Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des SGB IX im Zeitpunkt der Bewerbung, nicht zu einem früheren Zeitpunkt. Auch ist das Datenschutzrecht zu berücksichtigen. Es liegt in der Entscheidung des schwerbehinderten Menschen, ob er die Schwerbehinderung bei der Bewerbung nach SGB IX berücksichtigt haben will oder nicht.

Diskriminierung einer Mutter bei einer Bewerbung?

Im dritten Verfahren (8 AZR 753/13) betrieb die Beklagte einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung.

Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle im April 2012, im beigefügten Lebenslauf wies sie auf ihre Ausbildungen als Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Außerdem gab sie dort an „Familienstand: verheiratet, ein Kind“.

Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin eine Absage, auf dem zurückgesandten Lebenslauf war der Angabe zum Familienstand hinzugefügt „7 Jahre alt!“, dies und die von der Klägerin stammende Angabe „ein Kind“ war unterstrichen.

Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt. Die Notiz der Beklagten auf ihrem Lebenslauf spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines siebenjährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte.

Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation verfüge.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten, die vom Landesarbeitsgericht wegen mittelbarer Benachteiligung der Klägerin zu einer Entschädigung i.H.v. 3.000 € verurteilt worden war, hatte vor dem Achten Senat des BAG Erfolg. Die vom Berufungsgericht herangezogene Statistik (Mikrozensus) für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu.

Das Landesarbeitsgericht als Tatsachengericht wird aber zu prüfen haben, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist, was eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf erfordert.

BAG, Urteile vom 18.09.2014 - 6 AZR 636/13 - 8 AZR 759/13 - 8 AZR 753/13

Quelle: BAG, Pressemitteilungen v. 18.09.2014