Arbeitsrecht -

Ausschlussfristen: Wie werden sie im Arbeitsverhältnis gewahrt?

Das BAG hat im Fall einer tariflichen Ausschlussfrist entschieden, dass es zur Fristwahrung nicht ausreicht, wenn ein Geltendmachungsschreiben vor Ablauf der Frist bei Gericht eingeht. Vielmehr muss dem Gegner das Schreiben auch innerhalb der Frist zugestellt werden. Ausschlussfristen und Verfallklauseln sind auch in Arbeitsverträgen weit verbreitet, müssen aber wirksam vereinbart werden.

Sachverhalt

Auf das Arbeitsverhältnis fand § 37 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Danach gilt Folgendes:
„Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der/dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden…“

Nun meinte der Arbeitnehmer, noch Geld für den Monat Juni 2013 beanspruchen zu können. Er machte seinen Anspruch erstmals mit einer Klage geltend, die bei Gericht am 18.12.2013 einging. Der beklagte Arbeitgeber erhielt die Klage allerdings erst am 07.01.2014. Fraglich war, ob die Sechsmonatsfrist aus dem Tarifvertrag eingehalten worden war. Der Arbeitnehmer meinte, dass der fristgerechte Eingang der Klageschrift beim ArbG ausreichen würde. Genau für diesen Fall gebe es nämlich den § 167 ZPO. Danach wird eine Frist gewahrt, wenn die Zustellung durch das Gericht „demnächst“ erfolgt. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Verzögerungen beim Gericht nicht zulasten eines Klägers gehen sollen – beispielsweise wenn dieser zur Verjährungsunterbrechung am Jahresende eine Klage einreicht, die jedoch erst im kommenden Jahr zugestellt wird.

Der Arbeitgeber hingegen hielt diesen Fall für nicht vergleichbar und damit auch diesen Paragrafen für nicht anwendbar. Denn es geht bei § 167 ZPO nur um den Ablauf bestimmter Verjährungsfristen und Maßnahmen, um die Verjährung zu verhindern. Dieses sei nicht auf tarifliche Verfallfristen anzuwenden. Denn es kommt bei außergerichtlichen Fristen allein auf den tatsächlichen Zugang des Geltendmachungsschreibens an.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Das BAG stellte sich in diesem Fall auf die Seite des Arbeitgebers. Der § 167 ZPO war nach Ansicht der Richter auf tarifliche Ausschlussfristen tatsächlich nicht anwendbar. Diese können durch eine bloße schriftliche Geltendmachung gewahrt werden. Und genau das ist der Unterschied zu einer Klageeinreichung zur Verjährungsunterbrechung. Eine solche Klage kann nur bei Gericht eingereicht werden, und dann liegt es nicht mehr in der Hand des Klägers, wie schnell das Gericht arbeitet.

In diesem Fall war die Klageschrift erst am 07.01.2014 zugestellt worden und damit außerhalb der sechsmonatigen Verfallfrist. Damit war die Klage abzuweisen, da der Anspruch verfallen war.

Folgerungen aus der Entscheidung

Gilt also in einem Arbeitsverhältnis eine tarifliche Ausschlussfrist, innerhalb derer ein Anspruch gegenüber dem Vertragspartner schriftlich geltend gemacht werden muss, reicht es zur Fristwahrung nicht aus, dass das Anspruchsschreiben vor Ablauf der Frist bei Gericht eingeht. Entscheidend ist vielmehr der tatsächliche Zugang beim Anspruchsgegner. Der § 167 ZPO findet für die Wahrung einer einfachen tariflichen Ausschlussfrist bei der außergerichtlichen Geltendmachung keine Anwendung.

Gleiches dürfte dann allerdings auch für eine einzelvertragliche Verfallklausel geltend, auch wenn das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich hier von einer tariflichen Verfallklausel spricht. Gründe für eine Differenzierung zwischen einzelvertraglicher und tarifvertraglicher Klausel sind an dieser Stelle nicht ersichtlich.

Praxishinweis

Ausschlussfristen finden sich heute in sehr vielen Tarifverträgen. Immer mehr Arbeitgeber gehen zudem dazu über, auch in Arbeitsverträgen Ausschlussfristen zu vereinbaren. Da es häufig der Arbeitnehmer ist, der noch Ansprüche stellt, nehmen die Arbeitgeber als Verwender und Steller von Arbeitsverträgen gerne die Möglichkeit war, Ansprüche durch Verfallklauseln ausschließen zu können.

Dabei wird in aller Regel eine zweistufige Ausschlussfrist vereinbart. Dies bedeutet, dass Ansprüche zunächst beim Arbeitgeber geltend zu machen sind. Reagiert dieser dann nicht oder lehnt die Ansprüche ab, sind diese innerhalb einer bestimmten weiteren Frist gerichtlich geltend zu machen. In der Praxis betragen die arbeitsvertraglichen Fristen in aller Regel auf der ersten Stufe drei Monate zur außergerichtlichen Geltendmachung und dann nochmals drei Monate zur gerichtlichen Geltendmachung. Dabei wird auch deutlich, dass Ausschlussfristen viel kürzer sind als die gesetzlichen Verjährungsfristen.

Nach der Rechtsprechung des BAG müssen Ausschlussfristen auf der ersten Stufe in Arbeitsverträgen mindestens drei Monate lang sein. Sind zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kürzere Fristen vereinbart worden, ist diese Regelung unwirksam. Dann gelten keinerlei Ausschlussfristen. Doch auch Arbeitgeber sollten aufpassen: Auch für sie gelten die Ausschlussfristen bei Ansprüchen. Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass Ansprüche, die durch das Mindestlohngesetz gesichert werden, nicht verfallen können. Insoweit sollten Regelungen dieses entsprechend vorsehen, damit sie nicht unwirksam werden.

BAG, Urt. v. 16.03.2016 - 4 AZR 421/15

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader