Zwangsvollstreckung -

Durchsetzung von Forderungen innerhalb der EU

Das Bundeskabinett hat ein Gesetz zu besseren Durchsetzung von Forderungen innerhalb der Europäischen Union beschlossen.

Mit dem „Gesetzentwurf zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung“ werden die deutschen Ausführungsbestimmungen für zwei EG-Verordnungen geschaffen.

Zu den Regelungen im Einzelnen:

1. Europäisches Mahnverfahren

Das Europäische Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 bietet einem Gläubiger die Möglichkeit, schnell und kostengünstig einen Titel zu bekommen, wenn der Schuldner die Forderung voraussichtlich nicht bestreiten wird. Anwendbar ist die Verordnung bei Geldforderungen. Es muss außerdem ein grenzüberschreitender Fall vorliegen, d.h. die Parteien müssen grundsätzlich in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sein.

Der Antragsgegner hat also – anders als im deutschen Mahnverfahren – grundsätzlich nur eine Chance, Einwendungen gegen den Zahlungsbefehl zu erheben (sogenanntes einstufiges Verfahren). Die Bundesregierung hat sich bei den Verhandlungen innerhalb der EU dafür eingesetzt, den Antragsgegner ausreichend zu schützen. Dieser Schutz wird u.a. dadurch erreicht, dass das Europäische Mahnverfahren grundsätzlich bei dem Gericht stattfindet, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Aufenthalt hat. Das bedeutet: Wer in Deutschland wohnt, muss nicht befürchten, mit einem Zahlungsbefehl eines ausländischen Gerichts konfrontiert zu werden.

2. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen

Die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 schafft ein einheitliches europäisches Zivilverfahren, das vor den Gerichten der Mitgliedstaten der EU – mit Ausnahme Dänemarks – Anwendung findet. Forderungen bis 2.000 Euro können damit leichter durchgesetzt werden. Die Verordnung gilt – wie das Europäische Mahnverfahren – nur für grenzüberschreitende Fälle.Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen ist einfach, effizient und kostengünstig. Für die Verfahrenseinleitung durch den Kläger und die Erwiderung des Beklagten stehen standardisierte Formulare zur Verfügung. Ausfüllhinweise erleichtern die Nutzung in der Praxis. Weder Peter Müller noch José Sánchez müssen sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Das Verfahren wird grundsätzlich schriftlich geführt. Eine mündliche Verhandlung findet nur statt, wenn das Gericht sie für notwendig erachtet. Dadurch werden Reisekosten der Parteien vermieden.

3. Regelungen des beschlossenen Gesetzentwurfs

Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung enthält die erforderlichen nationalen Durchführungsvorschriften für die genannten EG-Verordnungen. Diese Verordnungen gelten zwar unmittelbar. An einigen Stellen verweisen sie aber ausdrücklich auf das nationale Recht oder geben dem nationalen Gesetzgeber Spielraum. Diese Schnittstellen füllt der Gesetzentwurf aus.

Nach dem Entwurf ist in Deutschland für die Bearbeitung von Anträgen im Europäischen Mahnverfahren allein das Amtsgericht Berlin-Wedding zuständig, soweit es nicht um arbeitsrechtliche Ansprüche geht. Diese mit dem Land Berlin und den übrigen Bundesländern abgestimmte Zuständigkeitskonzentration erspart den Ländern doppelte Arbeit bei der Entwicklung der technischen Voraussetzungen für die Bearbeitung der Mahnanträge und der Schulung des Personals. Die Zuständigkeitskonzentration erleichtert es dem Antragsteller – der in der Regel im EU-Ausland ansässig ist – außerdem erheblich, seinen Antrag beim zuständigen Gericht einzureichen.

Anträge sollen im Europäischen Mahnverfahren weitgehend automatisiert bearbeitet werden, soweit es sich nicht um arbeitsrechtliche Ansprüche handelt. Das Land Berlin schafft derzeit die dafür erforderlichen technischen Voraussetzungen. Die verbindliche Einführung der maschinellen Bearbeitung wird durch eine Verordnung des Landes Berlin erfolgen.

Zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen enthält der heute beschlossene Gesetzentwurf einige Anpassungen und Klarstellungen sowohl für das Verfahren bis zum Urteil als auch für die Zwangsvollstreckung. Sie betreffen insbesondere die Regelungen über die Beweisaufnahme und zum Gang des Verfahrens. Die Durchführung des Verfahrens wird dadurch in der deutschen Gerichtspraxis noch anwenderfreundlicher. Zugleich wird die Geltendmachung grenzüberschreitender Forderungen bis 2.000 Euro nach dem europäischen Verfahren in den deutschen Zivilprozess eingebettet.

Neben den Ausführungsvorschriften für das Europäische Mahnverfahren und das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen enthält der heute beschlossene Gesetzentwurf einige zivilprozessuale Bestimmungen zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zustellungen in EU-Mitgliedstaaten und Nicht-Mitgliedstaaten.

Die Texte der EG-Verordnungen zum Europäischen Mahnverfahren und zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen sind über das Portal „EUR-Lex“ abrufbar.

Mit Ausnahme der Ausführungsbestimmungen für das Europäische Mahnverfahren, die bereits ab dem 12. Dezember 2008 gelten, soll das Gesetz am 1. Januar 2009 in Kraft treten.


Quelle: BMJ - Pressemitteilung vom 30.01.08