Der Bundesgerichtshof hat die Möglichkeit der Drittbeschwerde im Fusionskontrollverfahren erweitert.
Er hat die Entscheidungspraxis der Oberlandesgerichte zum Ermessen bei der Auswahl von Unternehmen, die zu einem Fusionskontrollverfahren beigeladen werden wollen, bestätigt und gleichzeitig die Rechtschutzmöglichkeiten der zum Verfahren aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht beigeladenen, von dem Fusionsvorhaben aber unmittelbar und individuell betroffenen Dritten gegen die Hauptsacheentscheidung erweitert.
Sachverhalt:
Die pepcom GmbH (im Folgenden: pepcom) beantragte ihre Beiladung zu zwei Fusionskontrollverfahren. Dabei ging es um den Erwerb eines Unternehmens, das das ehemalige Breitbandkabelnetz der Deutschen Telekom betreibt.
Das Bundeskartellamt hatte den Beiladungsantrag der pepcom aus Gründen der Verfahrensökonomie abgelehnt. Pepcom werde zwar durch das beabsichtigte Zusammenschlussvorhaben erheblich in ihren wettbewerblichen Interessen berührt. Die Belange von Unternehmen wie pepcom seien aber bereits durch die ausgesprochene Beiladung anderer Unternehmen bzw. eines Verbandes berücksichtigt.
Die gegen die Ablehnung des Beiladungsantrags erhobenen Beschwerden hatten keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in beiden Fällen die Rechtsbeschwerde zugelassen und dem Bundesgerichtshof ermöglicht, erstmals zu grundsätzlichen Fragen der Beiladung Dritter im Kartellverwaltungsverfahren Stellung zu nehmen.
Der Gesetzgeber hat erst im Jahre 2005 in Kartellverwaltungssachen die Möglichkeit eröffnet, nicht in der Hauptsache ergangene Entscheidungen des Oberlandesgerichts mit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof anzufechten.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsbeschwerden zurückgewiesen. Er hat die ständige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bestätigt, wonach der Kartellbehörde bei der Entscheidung über einen Antrag auf Beiladung eines Dritten, der zwar wirtschaftlich, nicht aber in seinen Rechten betroffen ist (einfache Beiladung), ein Ermessen zusteht. Ein Antrag auf Beiladung könne abgelehnt werden, wenn die Sachaufklärung, die durch eine Beteiligung des Beiladungspetenten erzielt werden könne, dadurch gesichert erscheine, dass andere Unternehmen mit gleichgerichteten Interessen bereits beigeladen worden seien.
Der Bundesgerichtshof hat jedoch die Rechte des von dem Fusionsvorhaben unmittelbar und individuell betroffenen Dritten, der die subjektiven Voraussetzungen für eine Beiladung erfüllt, dessen Antrag auf Beiladung aber allein aus Gründen der Verfahrensökonomie abgelehnt worden ist, dadurch gestärkt, dass er – klarstellend gegenüber dem Gesetzeswortlaut – ein Beschwerderecht gegen die Freigabe des Zusammenschlusses bejaht. Nach dem Wortlaut des Gesetzes scheine zwar das Beschwerderecht davon abhängig zu sein, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren beigeladen gewesen sei. Es sei jedoch mit dem Gleichheitssatz nur schwer zu vereinbaren, wenn der Rechtsschutz im Einzelfall davon abhinge, ob der beantragten Beiladung im Verwaltungsverfahren Gründe der Verfahrensökonomie entgegenstünden.
Quelle: BGH - Pressemitteilung vom 07.11.06