Zwangsvollstreckung -

Aktionärsklage auf Abfindung gegen die Jenoptik AG abgewiesen

Der Bundesgerichtshof hatte über die Revision der Jenoptik AG, die gegenüber einem Aktionär zu einer Abfindung von rund 292.272 € gegen die Übernahme seiner 11.025 Aktien der ehemals von der Jenoptik AG beherrschten D-AG verurteilt worden war, zu entscheiden.

Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens war die Frage, ob der klagende Aktionär für seine Abfindungsberechtigung und insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes des Erwerbs der D-AG-Aktien beweispflichtig war.

Sachverhalt:

Die Jenoptik AG beherrschte auf der Grundlage eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die börsennotierte D-AG. Dieser Vertrag räumte den außenstehenden Aktionären zur Sicherung gegen die Beeinträchtigung ihrer aus der Mitgliedschaft abgeleiteten Herrschaftsrechte gegen die herrschende Gesellschaft u. a. ein Optionsrecht auf Übernahme ihrer Aktien gegen Zahlung einer Abfindung von 26,51 € je Aktie ein. Vor Beendigung eines von einigen Aktionären – u. a. dem Kläger – über die Angemessenheit der Abfindung angestrengten Spruchverfahrens kündigte die Beklagte den Unternehmensvertrag zum 31. Dezember 1999. Danach veräußerte sie ca. 6% der von ihr seinerzeit zu 99% gehaltenen D-AG-Aktien über die Börse; durch zwischenzeitlich durchgeführte Kapitalerhöhungen der D-AG ist die Zahl der im Streubesitz befindlichen Aktien weiter angestiegen. Der Börsenkurs der D-AG-Aktie, der im Jahr 2000 seinen Höchststand von knapp 100,00 € erreichte, entwickelte sich seit Anfang 2001 negativ und lag im vergangenen Jahr zeitweise unter 2,-- €.

Der Kläger hat vorgerichtlich und im Rechtsstreit um die von ihm begehrte Abfindung die Erbringung des Nachweises seiner Abfindungsberechtigung – insbesondere hinsichtlich des Zeitpunktes des Erwerbs der D-AG-Aktien – abgelehnt; er hat vielmehr die Ansicht vertreten, hierfür nicht beweispflichtig zu sein, da die Beklagte durch den Verkauf eigener, „nicht abfindungsberechtigter“ Aktien ohne deren Kennzeichnung mit einer neuen Wertpapierkennnummer am Kapitalmarkt eine Vermischung von Aktien mit Abfindungsanspruch und solchen ohne Abfindungsanspruch schuldhaft verursacht und ihm dadurch den Beweis seiner Abfindungsberechtigung unmöglich gemacht habe. Das Oberlandesgericht ist dieser Argumentation gefolgt und hat – anders als das Landgericht – der Klage stattgegeben.


Entscheidung:

Demgegenüber hat der BGH einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der geltend gemachten Abfindung gegen Erwerb seiner 11.025 D-AG-Aktien verneint, weil dieser nicht den ihm obliegenden Nachweis für die anspruchsbegründende Tatsache geführt hat, dass er auch in der hier vorliegenden besonderen Konstellation des sog. vertragsüberdauernden Spruchverfahrens die persönliche Eigenschaft als "außenstehender Aktionär“, an die der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag in Übereinstimmung mit der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 305 Abs. 1 AktG die Anspruchsberechtigung hinsichtlich des Abfindungsanspruchs knüpft, vor Beendigung des Unternehmensvertrages erworben hat.

Nach Ansicht des BGH ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut des Gesetzes und des gleichlautenden Unternehmensvertrages als auch insbesondere aus dem Vertrags- bzw. Gesetzeszweck der Sicherung des außenstehenden Aktionärs gegen die Beeinträchtigung seiner aus der Mitgliedschaft abgeleiteten Herrschaftsrechte, dass während der Dauer des Unternehmensvertrages in der Person eines jeden Aktienerwerbers, der nicht dem herrschenden Unternehmen zuzuordnen und damit außenstehender Aktionär ist, mit dem Erwerb der Aktie - unabhängig von Art und Zeitpunkt des Erwerbs und der Person des Veräußerers - zugleich das Abfindungsrecht stets originär entsteht. Da dieser Abfindungs-(options-)anspruch kein in der Aktie verkörpertes, verkehrsfähiges Recht ist, das rechtsgeschäftlich mit der Veräußerung der Aktie übergeht, sondern nur einem außenstehenden Aktionär - jeweils originär entstehend - „ad personam“ zusteht, kann es bei einer Übertragung von Aktien nach Beendigung des Unternehmensvertrages von dem Käufer solcher Aktien nicht mehr neu erworben werden; denn dieser kann – selbst wenn der Veräußerer ein ehemals außenstehender Aktionär war - nach Gesetz und Vertrag die für den Abfindungsanspruch erforderliche persönliche Eigenschaft eines außenstehenden Aktionärs nach der Beendigung des Unternehmensvertrages keinesfalls mehr erwerben.

Daran ändert auch die - hier vorliegende - besondere Konstellation des vertragsüberdauernden Spruchverfahrens nichts. Denn dieses gewährt allein den zur Zeit der Beendigung des Unternehmensvertrages an dem anhängigen Spruchverfahren beteiligten oder davon sonst begünstigten außenstehenden Aktionären Schutz vor einer nachteiligen Veränderung ihrer mit der Abfindungsoption verbundenen bisherigen Rechtsstellung, erstreckt jedoch die Abfindungspflicht des bislang herrschenden Unternehmens nicht auf künftige Aktienerwerber.

Danach hat es dabei zu verbleiben, dass dem Kläger als Anspruchsteller der Nachweis oblag, das Eigentum an sämtlichen Aktien, für die er im vorliegenden Verfahren einen Abfindungsanspruch geltend gemacht hat, bereits vor der Beendigung des Beherrschungsvertrages erworben zu haben.

Quelle: BGH - Pressemitteilung vom 08.05.06