Ewe Degiampietro © fotolia.de

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Verkehrsrecht -

Kein Bußgeld bei Umfahren einer roten Ampel über ein Tankstellengelände


OLG Hamm, Beschl. v. 02.07.2013 - 1 RBs 98/13

Wer eine rote Ampel über einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich - hier ein Tankstellengelände - umfährt, begeht keinen Rotlichtverstoß. Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm mit Beschluss vom 02.07.2013 unter Abänderung eines Urteils des Amtsgerichts Dortmund entschieden.

Darum geht es

Einem 52jährigen Zahnarzt aus Dortmund wurde ein am 20.09.2012 in Dortmund begangener Rotlichtverstoß zur Last gelegt. Der Betroffene wollte vom Brackeler Hellweg nach links in die Oesterstraße abbiegen.

Da die Lichtzeichenanlage an der Kreuzung für ihn Rotlicht zeigte, bog er vor der Kreuzung nach links auf das Gelände einer im Eckbereich der beiden Straßen liegenden Tankstelle ab, überquerte das Tankstellengelände und verließ dies an der Ausfahrt zur Oesterstraße, in die er nach links einbog.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Hamm hat den Betroffenen freigesprochen. Das Umfahren einer Lichtzeichenanlage könne zwar einen Rotlichtverstoß darstellen.

Das Rotlicht verbiete aber nicht, vor der Ampelanlage abzubiegen und über eine reguläre Zufahrt einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich zu befahren, etwa auf einen Parkplatz oder ein Tankstellengelände einzufahren. Von diesem Bereich dürfe man dann auch auf den hinter der Lichtzeichenanlage gelegenen Verkehrsraum einfahren.

Auch wenn dieser noch durch die Anlage geschützt sei, liege kein Rotlichtverstoß des Betroffenen vor, weil das Rotlicht nur für den Verkehrsteilnehmer gelte, der es - in seiner Fahrtrichtung gesehen - vor sich habe.

Anmerkung

Das OLG Hamm hat den von ihm zu beurteilenden Fall von den Fällen abgegrenzt, in denen das Umfahren einer Lichtzeichenanlage als Rotlichtverstoß zu ahnden ist, und hierzu ausgeführt:

Das Rotlicht einer Ampelanlage ordne ein Halten vor der Kreuzung oder Einmündung an. Es schütze den Quer- oder Einmündungsverkehr, der sich aufgrund des für ihn angezeigten Grünlichts darauf verlassen können müsse, dass aus der gesperrten Fahrtrichtung keine Fahrzeuge in den Kreuzungs- oder Einmündungsbereich hineinfahren.

Zu dem durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich gehöre deswegen der gesamte Kreuzungs- und Einmündungsbereich, außer der Fahrbahn auch parallel verlaufende Randstreifen, Parkstreifen, Radwege oder Fußwege. Geschützt sei dieser Bereich nicht nur vor sondern auch ca. 10-15m hinter der Lichtzeichenanlage.

Deswegen begehe einen Rotlichtverstoß, wer vor einer roten Ampel die Fahrbahn verlasse und die Lichtzeichenanlage dann über einen Gehweg, Randstreifen, Parkstreifen, Radweg oder Busspur umfahre; ebenso derjenige, der auf einer durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in den Kreuzungsbereich einfahre und dann nach der Haltlinie auf einen durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen wechsele.

Quelle: OLG Hamm, Pressemitteilung - vom 29.08.13