Seit dem Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes am 01.01.2005 kann auch im Mahnverfahren eine Terminsgebühr entstehen.
Dies gilt, wenn unstreitig wenigstens ein Telefonat zwischen den Parteivertretern mit dem Ziel statt gefunden hat, den Rechtsstreit vergleichsweise zu erledigen. Für die Entstehung der Terminsgebühr ist es nicht erforderlich, dass es tatsächlich zu einer gütlichen Einigung gekommen ist. Da das Mahnverfahren und das streitige Verfahren nach § 17 Nr. 2 RVG verschiedene Angelegenheiten darstellen, kann im streitigen Verfahren eine weitere Terminsgebühr entstehen.
Die Entscheidung des OLG Brandenburgist noch nach alter Rechtslage ergangen.
Da eine entsprechende Anrechnungsregelung für die Terminsgebühr im Mahnverfahren bis zum 01.01.2007 nicht vorhanden war, kann für solche Altfälle weiterhin eine Terminsgebühr im Mahn- und anschließenden gerichtlichen Klageverfahren entstehen und auch festgesetzt werden.
Seit dem 01.01.2007 ist durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz (JuMoG; BGBl. I 2006, 3416), welches am 31.12.2006 in Kraft getreten ist,eine Änderung eingetreten, welche in der Praxis bisher scheinbar unbeachtet geblieben ist.
Denn seit diesem Stichtag gilt Nr. 3104 Abs. 4 VV-RVG. Danach ist die in einem vorausgegangenen Mahnverfahren entstandene Terminsgebühr auf die Terminsgebühr des nachfolgenden Rechstreits anzurechnen.
Folge:
Die Terminsgebühr kann weiterhin auch im gerichtlichen Verfahren entstehen. Ist der Tatbestand der Terminsgebühr allerdings sowohl im gerichtlichen Mahnverfahren als auch im nachfolgenden Rechtstreit entstanden, kann die Terminsgebühr im Ergebnis nur einmal berechnet werden, wenn der unbedingte Auftrag für das nachfolgende streitige Verfahren dem Rechtsanwalt nach dem 30.12.2006 erteilt wurde.
Beispiel – unbedingter Klageauftrag vor 30.12.2006
Der Anwalt erhält im August 2006 wegen einer Forderung von 10.000Euro den Auftrag, das gerichtliche Mahnverfahren einzuleiten. Nachdem der Mahnbescheid beantragt wurde, meldet sich der Gegner telefonisch beimRechtsanwalt zwecks Versuchs einer gütlichen Einigung. Nachdem der Versuch scheitert, geht die Angelegenheit nach Widerspruch des Gegners in das streitige Verfahren über. Der Rechtsanwalt erhält sodann am 15.12.2006 den unbedingten Auftrag zur Durchführung des Rechtstreits. Dort einigt man sich schließlich in der mündlichen Verhandlung auf eine Zahlung von 7.000 Euro. Dem Anwalt entstehen folgende Gebührenansprüche:
I. Mahnverfahren 1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305 486,00 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 583,20 Euro
3. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00Euro
Zwischensumme 1.089,20 Euro
4. 19 % Ust., VV 7008 206,94 Euro
Summe 1.296,14 Euro
II. gerichtliches Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 631,20 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 583,20 Euro
3. 1,0-Einigungsgebühr, VV 1003 486,00 Euro
4. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00 Euro
abzgl. 1,0-Verfahrensgebühr, Anm. VV 3305 -486,00 Euro
Zwischensumme 1.234,40Euro
5. 19 % Ust., VV 7008 234,53 Euro
Summe 1.468,93 Euro
Beispiel – unbedingter Klageauftrag nach 30.12.2006
Der Anwalt erhält im August 2006 wegen einer Forderung von 10.000 EUR den Auftrag, das gerichtliche Mahnverfahren einzuleiten. Nachdem der Mahnbescheid beantragt wurde, meldet sich der Gegner telefonisch beim RA zwecks Versuchs einer gütlichen Einigung. Nachdem der Versuch scheitert, geht die Angelegenheit nach Widerspruch des Gegners in das streitige Verfahren über. Der Rechtsanwalt erhält sodann am 31.12.06 den unbedingten Auftrag zur Durchführung des Rechtstreits. Dort einigt man sich schließlich in der mündlichen Verhandlung auf eine Zahlung von 7.000 EUR. Dem Anwalt entstehen folgende Gebührenansprüche:
I. Mahnverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305 486,00 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 583,20 Euro
3. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00 Euro
Zwischensumme 1.089,20 Euro
4. 19 % Ust., VV 7008 206,94 Euro
Summe 1.296,14 Euro
II. gerichtliches Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 631,20 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 583,20 Euro
3. 1,0-Einigungsgebühr, VV 1003 486,00 Euro
4. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00 Euro
abzgl. 1,0-Verfahrensgebühr, Anm. VV 3305 -486,00 Euro
abzgl. 1,2-Terminsgebühr, Anm. 4 VV 3104 -583,20 Euro
Zwischensumme 651,20 Euro
5. 19 % Ust., VV 7008 123,72 Euro
Summe 774,92 Euro
Zu beachten ist, dass eine Anrechnung aber nur insofern vorzunehmen ist, als eine Gegenstandsidentität gegeben ist. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Anrechnung. Hieraus folgt, dass bei Gegenstandsverschiedenheit keine Anrechnungspflicht besteht. Insofern können dem Rechtsanwalt zusätzliche Gebührenteile erhalten bleiben. Hier wiederum sind folgende Fälle zu unterschieden.
1. Teilweise Anrechnung auf Terminsgebühr des nachfolgenden Rechtstreits bei geringerem Wert im streitigen Verfahren
Hat das nachfolgende streitige Verfahren einen geringeren Wert, wird die Terminsgebühr nur soweit angerechnet, als sich seine Gegenstände mit denen des nachfolgenden streitigen Verfahrens decken, also analog VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 3, sofern die Sache abgegeben und das streitige Verfahren durchgeführt wird.
Beispiel: Der Anwalt erhält einen Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR. Der Antragsgegner legt nach vorheriger telefonischer Besprechung mit dem Anwalt des Antragstellers fristgerecht Widerspruch ein. Das streitige Verfahren wird nur wegen einer Forderung von 5.000 EUR durchgeführt.
I. Mahnverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305 (Wert 7.500 Euro) 412,00 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert 7.500 Euro) 494,40 Euro
3. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00 Euro
Zwischensumme 926,40 Euro
4. 19% Umsatzsteuer, VV 7008 170,01 Euro
Summe 1.102,41 Euro
II. Streitiges Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert 5.000 EUR) 391,30 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert 5.000 EUR) 361,20 Euro
3. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00Euro
4. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305, 1,0 aus 5.000 Euro – 301,00 Euro
5. anzurechnen gem. Anm. 4 zu VV 3104, 1,2 aus 5.000 Euro – 361,20 Euro
Zwischensumme 110,30 Euro
6. 19% Umsatzsteuer, VV 7008 20,95Euro Summe 131,25 Euro
2. Teilweise Anrechnung auf Terminsgebühr des nachfolgenden Rechtstreits bei höherem Wert im streitigen Verfahren
Hat das nachfolgende streitige Verfahren einen höheren Wert, wird die Terminsgebühr des Mahnverfahrens gem. Anm. 4 zu VV 3104 nur insoweit angerechnet, als sie tatsächlich angefallen ist, soweit sich also seine Gegenstände mit denen des nachfolgenden streitigen Verfahrens decken.
Beispiel: Der Anwalt erhält den Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR. Der Antragsgegner legt nach vorheriger telefonischer Besprechung mit dem Anwalt des Antragstellers fristgerecht Widerspruch ein. Im streitigen Verfahren wird die Klage um 2.500 EUR erweitert.
I. Mahnverfahren
1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305 (Wert 7.500 EUR) 412,00 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert 7.500 EUR) 494,40 Euro
3. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00 Euro
Zwischensumme 926,40 Euro
3. 19% Umsatzsteuer, VV 7008 170,01 Euro
Summe 1.102,41 Euro
II. Streitiges Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 (Wert 10.000 Euro) 631,80 Euro
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104 (Wert 10.000 Euro) 583,20Euro
3. Auslagenpauschale, VV 7002 20,00 Euro
4. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305, 1,0 aus 7.500Euro – 412,00 Euro
5. anzurechnen gem. Anm. 4 zu VV 3104, 1,2 aus 7.500Euro – 494,40 Euro
Zwischensumme 378,60 Euro
6. 19% Umsatzsteuer, VV 7008 71,93 Euro
Summe 450,53 Euro
Quelle: Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock - Urteilsanmerkung vom 15.05.08