Bislang hat sich OLG München einziges Gericht mit der Thematik auseinandergesetzt, ob eine Terminsgebühr entsteht, wenn der Gerichtstermin kurzfristig abgesagt wurde.
Eine Terminsgebühr für einen sog. „geplatzten Termin“ entsteht nur, wenn der Rechtsanwalt körperlich im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an dem Termin erscheint. Das bloße Antreten der Anreise zu dem Termin lässt die Terminsgebühr nicht entstehen.
Sachverhalt:
In dem zu Grunde liegenden Strafverfahren vor dem Amtsgericht Landshut wurde die zunächst anberaumte Hauptverhandlung kurzfristig wegen einer Erkrankung eines Zeugen abgesagt. Die Rechtsanwältin erfuhr hiervon erst nachdem sie bereits die Fahrt mit dem Zug von Frankfurt nach Landshut um 8 Uhr morgens angetreten hatte. Sie brach daraufhin die Reise ab und war um ca. 14 Uhr wieder in Frankfurt.
In ihrem Kostenfestsetzungsantrag beantragte sie u.a. die Festsetzung einer Terminsgebühr gem. Nr. 4108 RVG-VV für den „geplatzten Termin“ (4 Abs. 3 S. 2 RVG-VV). Das OLG setzte diese allerdings ab.
Entscheidungsgründe:
Nach Anlage 1 zum RVG Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 1 entsteht für die Teilnahme des Rechtsanwalts an gerichtlichen Terminen eine Terminsgebühr, soweit nichts anderes bestimmt ist. Die gerichtliche Terminsgebühr setzt die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einer Hauptverhandlung nach Aufruf der Sache voraus und erfordert seine Anwesenheit in seiner Eigenschaft als Verteidiger. Maßgeblich für die Entstehung der Terminsgebühr ist also nach dem eindeutigen Wortlaut in Anlage 1 zum RVG Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 1 die Teilnahme des Rechtsanwalts als Verteidiger im Hauptverhandlungstermin.
Von dieser grundsätzlichen Regelung des Entstehens einer Terminsgebühr macht Anlage 1 zum RVG Vorbemerkung 4 Abs. 3 Satz 2 eine Ausnahme dahingehend, dass der Rechtsanwalt die Terminsgebühr bereits auch schon dann erhält, wenn er zu einem anberaumten Termin erscheint, dieser aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, nicht stattfindet. Diese Ausnahmeregelung setzt das Entstehen der Gebühr vom Erscheinen des Rechtsanwalts zum anberaumten Termin voraus, d.h. seine körperliche Anwesenheit als Verteidiger im Gerichtsgebäude mit dem Ziel der Teilnahme an der Hauptverhandlung.
Etwas anderes kann auch nicht den Gesetzesmaterialien zur Einführung des RVG entnommen werden. Mit der im RVG neu eingeführten gerichtlichen Verfahrensgebühr soll die gesamte Tätigkeit des Verteidigers für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Vorbereitung der Hauptverhandlung vergütet werden, soweit keine besonderen Gebühren vorgesehen sind. Wenn, wie hier, keine Terminsgebühr anfällt, ist die Geschäftsreise daher von der Verfahrensgebühr umfasst.
Konsequenzen der Entscheidung:
Auch wenn sich die Entscheidung am Wortlaut der Regelung der Vorbemerkung 4 Abs. 3 S. 2 RVG-VV ausrichtet, so ist sie nach Ansicht des Verfassers dennoch falsch, da sie den Sinn und Zweck der Regelung völlig außer Acht lässt. Der Gesetzesbegründung ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass hierdurch die nutzlos aufgewendete Zeit vergütet werden soll (BT-Drucks. 15/1971 S. 221).
Die Folge der Entscheidung ist, dass ein solcher – zeitlicher – Mehraufwand nur aufgrund einer Erhöhung der Verfahrensgebühr über das Kriterium des „Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit“ gem. § 14 Abs. 1 RVG aufzufangen ist. Insofern muss der Anwalt künftig gegenüber dem Festsetzungsorgan argumentieren.
Quelle: Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock - Entscheidungsbesprechung vom 09.06.08