Praktische Hinweise für den Anwalt und seine Kanzlei.
Häufig sieht sich ein Anwalt der Notwendigkeit oder auch nur dem Wunsch ausgesetzt, seine gegenüber einem Mandanten bestehende Vergütungsforderung an einen Dritten abzutreten oder sonst wie, z.B. zur Einziehung, zu übertragen, so bei Begründung, Erweiterung oder Auflösung einer Sozietät, bei Verkauf oder sonstiger Übertragung seiner Kanzlei oder auch nur, um sich bei Beweisnot als Zeuge präsentieren zu können.
Sicher war stets, das für die Vergütungsabtretung alle Vorschriften der §§ 398 ff. BGB gelten. Sicher wurde auch, dass unter Beachtung dieser Vorschriften die Abtretung an einen anderen Anwalt, auch einen emeritierten, einschränkungslos zulässig ist (BGH, Urteil vom 01.03.2007 - IX ZR 189/05). Im Übrigen wird die Materie normiert in § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in seiner derzeit noch gültigen Fassung. Abtretung an einen Nichtanwalt ist danach nur zulässig, wenn eine Einwilligung des Mandanten vorliegt und die Forderung tituliert und ein Vollstreckungsversuch fruchtlos ausgefallen ist.
Diese Fassung soll nun geändert, vor allem vereinfacht werden. Das von der Bundesregierung beschlossene und vom Bundestag verabschiedete, derzeit noch beim Bundesrat liegende Rechtsdienstleistungsgesetz ändert § 49b Abs. 4 BRAO wie folgt:
„Die Abtretung von Vergütungsforderungen oder die Übertragung ihrer Einziehung an Rechtsanwälte oder rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaften (§ 59a) ist zulässig. Im Übrigen sind Abtretung oder Übertragung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche Einwilligung des Mandanten vorliegt oder die Forderung rechtskräftig festgestellt ist. Vor der Einwilligung ist der Mandant über die Informationspflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem neuen Gläubiger oder Einziehungsermächtigten aufzuklären. Der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte ist in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet wie der beauftragte Rechtsanwalt.“
Die Abtretung an einen anderen Anwalt ist also wie bisher einschränkungslos zulässig. Die früheren Erfordernisse, dass bei Abtretung an einen Nichtanwalt kumulativ eine Einwilligung des Mandanten vorliegen muss und auch eine titulierte Forderung vergeblich vollstreckt wurde, sind aber einer bloßen Einwilligung gewichen. Dafür obliegt nunmehr jeglichem Abtretungsempfänger eine gesetzliche Schweigepflicht.
Die in der Neufassung normierte Informationspflicht bezieht sich auf § 402 BGB, sie muss vor der Erhebung einer Abtretungseinwilligung erfüllt werden und sie umfasst alle Details und auch die Aushändigung von Unterlagen, die der neue Gläubiger oder Einziehungsermächtigte benötigt, um die Forderung geltend zu machen. Eine Unterlassung rechtzeitiger Information beeinflusst zwar nicht unmittelbar die Gültigkeit der Abtretung, sie ist aber jedenfalls eine Berufswidrigkeit (mit der Gefahr berufrechtlicher Ahndung) und sie kann den abtretenden Anwalt schadensersatzpflichtig machen (vgl. Hinweispflicht des § 49b Abs. 5 BRAO: BGH, Urteil vom 24.05.2007 - IX ZR 89/06).
Eine Abtretung der Vergütungsforderung ist nicht zulässig und daher nichtig, wenn sie vertraglich ausgeschlossen wurde (§ 399 zweite Alternative BGB) oder wenn sich ein Abtretungsverbot aus den Umständen ergibt, was z.B. dann der Fall sein kann, wenn zwischen Anwalt und Mandant ein sehr persönliches Vertrauensverhältnis bezüglich des Mandatsgegenstandes besteht (Familiensache, Arzthaftung).
Die Einwilligung des Mandanten kann allgemein und für alle Fälle gültig erklärt werden oder auf einen Einzelfall bezogen sein. Sie muss ausdrücklich sein und der – einseitigen – Schriftform (§ 126 BGB) genügen, sie darf nicht in vorformulierten Mandatsbedingungen enthalten sein, die dem Überraschungseinwand (§ 305c BGB) ausgesetzt sein können.
Dem Anwalt als Abtretungsempfänger steht gleich eine rechtsanwaltliche Berufsausübungsgemeinschaft (§ 59a Abs. 1, 2 und 4 S. 1 BRAO), nicht aber eine Zusammenarbeitsgemeinschaft (§ 59a Abs. 4 Satz 2 BRAO). Die Beweislast für das Vorliegen der Abtretungserfordernisse obliegt demjenigen, der sich auf eine Gültigkeit der Abtretung beruft. All dies gilt nach dem Wortlaut von § 49b Abs. 4 n.F. BRAO auch, wenn nicht der anwaltliche Altgläubiger die Vergütungsforderung abtritt, sondern nach seinem Tod für seine nichtanwaltlichen Erben, wie auch aus § 203 Abs. 3 S. 3 StGB geschlossen werden kann.
Die dargestellten Behinderungen der Wirksamkeit einer Abtretung der Vergütungsforderung legen die Überlegung nahe, dass der Anwalt, sollte sich je eine Notwendigkeit oder der Wunsch einer Abtretung ergeben, sich vor oder bei Entgegennahme des Mandats ein ausdrückliches Einverständnis des Mandanten mit solcher zukünftiger Abtretung unterschreiben lässt.
Die abgetretene Vergütungsforderung braucht noch nicht fällig zu sein. Sie kann aber erst nach Rechnungserteilung geltend gemacht werden (§ 10 RVG). Hat der abtretende Anwalt noch keine Rechnung erteilt und kann er sie auch nicht nachholen, dann kann sie noch vom Abtretungsempfänger erteilt und unterschrieben werden, allerdings nur, wenn dieser selbst Anwalt ist. Der nichtanwaltliche Abtretungsempfänger muss deshalb hierfür einen anderen Anwalt mandatieren, oder die Rechtsanwaltskammer muss einen Vertreter oder Abwickler bestellen, wenn nicht der Vergütungsschuldner zu einem Verzicht auf Rechnungserteilung bewogen werden kann.
Trotz der eine Abtretung der anwaltlichen Vergütungsforderung beengenden Modalitäten ist diese Forderung pfändbar (BGH, Urteil vom 25.03.1999 - IX ZR 223/97).
Die Abtretung verpflichtet den Abtretenden, dem neuen Gläubiger die zum Beweis der Forderung dienenden Unterlagen auszuhändigen (§ 402 BGB). Damit ist aber noch nicht gedeckt eine Überlassung der gesamten Handakte. Insoweit endet die Schweigepflicht erst im Vergütungsprozess.
Quelle: RA Dr. Hans Kaiser - Beitrag vom 23.08.07