Familienrecht -

Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe nach Schweigen bei der Bewilligungsprüfung

OLG Celle, Beschl. v. 12.08.2011 – 10 WF 299/10

Schweigt der Antragsgegner bei der Prüfung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ohne triftigen Grund, so kann sein späterer Verfahrenskostenhilfeantrag als mutwillig zurückgewiesen werden.

Darum geht es:

Es besteht keine Einigkeit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen das Schweigen des Antragsgegners bei der Prüfung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe über den Antrag des Antragstellers als mutwillig i.S.v. §§ 114 ZPO, 113 Abs. 1 FamFG zu beurteilen ist, wenn – nach Rechtshängigkeit – Verfahrenskostenhilfe für den Abweisungsantrag beantragt wird.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Das OLG sieht es als mutwillig an, wenn es ein in Anspruch genommener Beteiligter ohne triftigen Grund unterlässt, in einer rechtzeitigen Stellungnahme Einwendungen geltend zu machen, durch die er ohne besonderen Aufwand seine gerichtliche Inanspruchnahme verhindern könnte.

Eine Verhaltensweise sei mutwillig, wenn dem Rechtssuchenden eine einfachere und billigere Möglichkeit der Geltendmachung offensteht, die auch ein selbst für die Rechtsverteidigungskosten aufkommender Beteiligter vernünftigerweise wählen würde.

Es sei selbstverständlich, dass sich eine Person, die sich zu Unrecht in Anspruch genommen fühlt, wehrt und den für unberechtigt gehaltenen Anspruch – je nach den persönlichen Fähigkeiten mehr oder weniger substantiiert und qualifiziert – zurückweist. Dies gelte erst recht, wenn der Anspruchsteller zunächst um Verfahrenskostenhilfe nachsucht.

Daher bedürfe es einer besonderen Rechtfertigung, wenn der in Anspruch Genommene von der ihm ausdrücklich nahegelegten Möglichkeit der Stellungnahme nicht zumindest in einer ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten ohne Auslösung wesentlicher Kosten möglichen und zumutbaren Weise Gebrauch macht.

Auch ein selbst zahlender Betroffener würde vernünftigerweise bereits in diesem Frühstadium entsprechend tätig werden, schon um das mit einer gerichtlichen Inanspruchnahme unabhängig vom Ausgang des Verfahrens stets verbundene Kostenrisiko zu vermeiden.

Unterlasse der in Anspruch Genommene dies ohne triftigen Grund, so stelle sich eine erst nach Rechtshängigkeit des Verfahrens erfolgte Geltendmachung der entsprechenden Einwendungen als verfahrenskostenrechtlich mutwillig dar.

Auch ein Rechtsmittel sei als prozesskostenhilferechtlich mutwillig zu bewerten, dessen Erfolgsaussicht auf Vorbringen beruht, das die Partei bereits in erster Instanz hätte vortragen können, dies dort aber sorgfaltswidrig unterlassen habe.

Zudem habe der Gesetzgeber durch § 243 Satz 2 Nr. 2 FamFG deutlich gemacht, dass auch ein letztlich obsiegender Unterhaltsverpflichteter, der einer materiellrechtlichen Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht rechtzeitig und vollständig nachgekommen ist, mit den Verfahrenskosten zu belasten ist, auch wenn es sich dabei um ein Verhalten außerhalb eines bereits entstandenen Verfahrensrechtsverhältnisses handelt.

Da der Antragsteller unzweideutig einen materiellrechtlichen Anspruch auf Auskunft habe, habe es der Antragsgegnerin spätestens auf das ihr mit dem Verfahrenskostenhilfegesuch zugleich übermittelte Auskunftsverlangen hin oblegen, vollständige Auskunft zu erteilen und jedenfalls innerhalb der ihr gesetzten (vor)verfahrensrechtlichen Stellungnahmefrist zu reagieren.

Es sei ihr auch unproblematisch und ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts möglich gewesen, die später zu ihrer Verteidigung vorgebrachten Gesichtspunkte zumindest ihrem Kern nach kurz anzugeben und die ihr vorliegenden entsprechenden Unterlagen – etwa den Sozialhilfebescheid, die Vereinbarung über die laufenden Integrationsmaßnahmen und ärztliche Stellungnahmen – in Ablichtung vorzulegen. Nachdem sie ihrer sogar materiellrechtlichen Verpflichtung nicht nachgekommen sei, würden ihr auch im Obsiegensfall die Verfahrenskosten aufzuerlegen sein, sodass insoweit auch eine Verfahrenskostenhilfebewilligung durchgreifend ausgeschlossen sei.

Folgerungen aus der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG zeigt, dass das Schweigen auf den im Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren übersandten Zahlungsantrag gefährlich sein kann. Wer hier abweichenden Sachvortrag über einfach zu übermittelnde Informationen – wie z.B. Belege eines vom Antragssteller zu hoch angegebenen Einkommens, vergessene Schuldverbindlichkeiten oder gar übersehene andere (vorrangige oder gleichrangige) Unterhaltsverpflichtungen – zurückhält, läuft Gefahr, seinerseits später keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt zu bekommen.

Quelle: Weiterer aufsichtführender Richter am AG Dr. Wolfram Viefhues - vom 08.11.11