Die unerlaubte private Nutzung des Internets kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber darf hierzu den Verlauf des Internetbrowsers auf dem Dienstrechner des Arbeitnehmers auswerten, ohne dass dieser dem zugestimmt haben muss. Ein Beweisverwertungsverbot für die Auswertung des Browserverlaufs greift insoweit nicht, hat das LAG Berlin-Brandenburg entschieden.
Sachverhalt
Ein Arbeitgeber hatte seinem Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung einen Dienstrechner überlassen. Eine private Nutzung des Internets war dem Arbeitnehmer allenfalls in Ausnahmefällen während der Arbeitspausen gestattet. Nachdem Hinweise auf eine erhebliche private Nutzung des Internets vorlagen, wertete der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers den Browserverlauf des Dienstrechners aus.
Er kündigte anschließend das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund wegen der festgestellten Privatnutzung von insgesamt ca. fünf Tagen innerhalb eines Zeitraums von 30 Arbeitstagen. Der Arbeitnehmer wehrte sich mit einer Klage gegen die Kündigung und war insbesondere der Auffassung, dass ein Beweisverwertungsverbot vorliegen würde. Der Arbeitgeber hätte nicht ohne seine Zustimmung die Daten ermitteln dürfen.
Wesentliche Aussagen der Entscheidung
Das LAG hat die außerordentliche Kündigung für rechtswirksam gehalten. Die unerlaubte Nutzung des Internets rechtfertigt nach Abwägung der beiderseitigen Interessen eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Hinsichtlich des Browserverlaufs lag kein Beweisverwertungsverbot zu Lasten des Arbeitgebers vor. Zwar handelt es sich um personenbezogene Daten, in deren Kontrolle der Arbeitnehmer nicht eingewilligt hatte. Das war allerdings auch nicht erforderlich, da die Verwertung der Daten erlaubt gewesen war. Denn das BDSG erlaubt eine Speicherung und Auswertung des Browserverlaufs zur Missbrauchskontrolle auch ohne eine derartige Einwilligung, wenn der Arbeitgeber – wie im vorliegenden Fall – keine Möglichkeit hat, mit anderen Mitteln den Umfang der unerlaubten Internetnutzung nachzuweisen.
Das LAG hat jedoch die Revision an das BAG zugelassen.
Folgerungen aus der Entscheidung
Der Arbeitgeber ist berechtigt, zur Feststellung eines Kündigungssachverhalts den Browserverlauf des Dienstrechners des Arbeitnehmers auszuwerten, ohne dass hierzu eine Zustimmung des Arbeitnehmers vorliegen muss. Das ist jedenfalls die Auffassung des LAG in diesem Fall, in dem die private Nutzung des Internets auf Ausnahmefälle während der Pausen gestattet war.
Praxishinweis
Die private Nutzung des Internets und das Schreiben privaten E-Mails am Arbeitsplatz waren in der Vergangenheit schon mehrfach Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Grundsätzlich steht eindeutig fest, dass ein privates Surfen im Internet während der Arbeitszeit einen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein kann. Schnell ist der Begriff des Arbeitszeitbetrugs in den Mund genommen.
Allerdings ist heftig umstritten, wie der Arbeitgeber dieses feststellen darf. Letztendlich geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber das Fernmeldegeheimnis und die Kontrolle über die Protokolldaten der Internetnutzung nach den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu beachten hat oder ob die noch strengeren Regelungen des TKG zu beachten sind.
Die Datenschutzaufsichtsbehörden dürften mehrheitlich der Auffassung sein, dass der Arbeitgeber als Telekommunikationsanbieter einzuordnen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn er seinen Mitarbeitern die private Nutzung des Internets oder des betrieblichen E-Mail-Postfachs erlaubt. Damit hätte er dann das Fernmeldegeheimnis mit der Folge zu beachten, dass er grundsätzlich weder den Inhalt der Telekommunikation noch ihre näheren Umstände zur Kenntnis nehmen darf. Zugreifen auf die Daten darf dann nur, wer die Einwilligung des Mitarbeiters vorliegen hat. Das gilt dann natürlich auch für die Protokolldaten, aus denen sich ergibt, welche Internetseiten ein Mitarbeiter aufgerufen hat. Das alles lässt sich dann auch auf die Einsicht des Browserverlaufs übertragen.
Die meisten Gerichte haben sich dieser Auffassung nicht angeschlossen und insbesondere der EuGH für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 12.01.2016 festgestellt, dass die Kontrolle der privaten Kommunikation eines Mitarbeiters durch den Arbeitgeber keinen Verstoß gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt (Barbulescu gegen Rumänien, Beschwerde-Nr. 61496/08). Dabei handelt sich um das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens. In dem Fall war allerdings die private Nutzung technischer Geräte ausdrücklich untersagt.
Es bleibt spannend, wie sich das BAG in dieser Frage positionieren wird. Arbeitgeber werden sich, wenn sie auf Nummer sicher gehen wollen, zu entscheiden haben: Entweder verbieten sie jegliche private Nutzung und dürfen dann auch auf den Browserverlauf und die Daten zugreifen oder sie gestatten die private Nutzung und greifen eben nicht auf die Daten zu.
Die Aufsichtsbehörden beim Thema Datenschutz haben eine Orientierungshilfe zur datenschutzgerechten Nutzung von E-Mail und anderen Internetdiensten am Arbeitsplatz im Januar 2016 herausgegeben. Darin empfehlen sie für die Einwilligung in die Kontrolle der Protokolldaten, dass der Arbeitnehmer folgende Erklärung abgeben sollte:
„Ich willige ein, dass auch meine privaten – also nicht in die betrieblichen –Internetzugriffe und meine private E-Mail-Kommunikation im Rahmen dieser Betriebsvereinbarung verarbeitet und unter den Voraussetzungen (…) Der Betriebsvereinbarung protokolliert sowie personenbezogen ausgewertet werden (…).“
LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.01.2016 – 5 Sa 657/15
Quelle: RA und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader