Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.06.2006 stellt sich die Frage, ob für den Primärrechtsschutz nach wie vor der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
Das OVG Nordrhein-Westfalen entschied am 12.01.2007, dass der Verwaltungsrechtsweg für den vergaberechtlichen Primärrechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte unabhängig davon eröffnet ist, dass die Vergabeentscheidung nach BVerfG NJW 2006, 3701 nicht in Auswirkung öffentlicher Gewalt i.S.V. Art. 19 Abs. 4 GG erfolgt.
Das OVG bezieht sich auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, wenn vor Erteilung des Zuschlags Primärrechtsschutz gegen die Vergabe solcher öffentlichen Aufträge begehrt wird, auf die gemäß § 100 GWB die § 97 ff. GWB nicht anwendbar sind. Das OVG begründet diese Rechtssprechung nochmals damit, dass es sich bei der Vergabe öffentlicher Aufträge um ein zweistufiges Rechtsverhältnis handelt. Die erste Verfahrensstufe, das Auswahlverhältnis, ist als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, weil es durch die haushalts- und vergaberechtlichen Vorschriften sowie Art. 3 Abs. 1 GG geprägt wird. Über Art. 3 Abs. 1 GG können die Bieter von den Vergabestellen eine gleichheitsgemäße Anwendung der Verdingungs- und Vergabeordnungen verlangen. Der öffentlich-rechtliche Charakter der Anwendung der Verdingungs- und Vergabeordnungen prägt die Rechtsnatur des Auswahlverfahrens.Das OVG sieht sich in seinem Beschluss nicht durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.06.2006 - 1 BvR 1160/03 = NJW 2006, 3701 gehindert. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts betrifft nicht die Frage, welcher Rechtsweg für den vergaberechtlichen Primärrechtschutz unterhalb der Schwellenwerte eröffnet ist, sondern er legt - bei Unterstellung des vom Fachgericht auf der Grundlage einfachen Rechts als gegebenen angesehenen Rechtswegs - die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung dieses Rechtsschutzes dar. Das OVG hat aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Frage des Rechtswegs für den Primärschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen - Beschluss vom 12.01.07