Baurecht -

Rechtsfolgen einer zu Unrecht verweigerten Sicherheitsleistung durch den Besteller

Der Unternehmer, der bereits erfolglos eine Sicherheit nach § 648a Abs. 1 BGB verlangt hat, kann dem Besteller eines Bauwerks nach dessen Abnahme eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung bezüglich der Mängelbeseitigung setzen.

Die Entscheidung: BGH, Urt. v. 16.04.2009 — VII ZR 9/08, DRsp Nr. 2009/11224

Leitsätze:

a) Leistet der Besteller auf ein berechtigtes Sicherungsverlangen nach der Abnahme die Sicherheit nicht, ist der Unternehmer berechtigt, die Mängelbeseitigung zu verweigern. Das gilt auch, wenn die Parteien die Einbeziehung der VOB/B vereinbart haben.

b) Die Abtretung der Gewährleistungsansprüche hat auf das Recht des Unternehmers, von seinem Besteller Sicherheit zu fordern und bei Nichterbringung der Sicherheit die Leistung zu verweigern, keinen Einfluss. Gleiches gilt für das Setzen der Nachfrist nach § 648 a Abs. 5 BGB.

Darum geht es
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht wegen mangelhafter Fensterstellmotoren auf Vorschusszahlung und Kostenerstattung in Anspruch. Die K. GmbH beauftragte die G. KG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, mit Vertrag vom 12./19.04.1999 unter Einbeziehung der VOB/B mit den Fassadenarbeiten an einem Bürogebäude. Von der Rechtsnachfolgerin der K. GmbH, der K. AG, die später in die P. GmbH umgewandelt wurde, erwarb die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 12.12.1997 das Grundstück mit Gebäude. Dieser Vertrag enthielt eine Abtretung der Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche der K. AG. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Abtretung.

Die Beklagte hatte bei der vom Auftraggeber zwischenzeitlich abgenommenen Konstruktion der Fassade Fensterstellmotoren einzubauen, die feuchtigkeitsbedingt ausfielen, so dass die Klägerin sich entschloss, sie allesamt austauschen zu lassen. Von der P. GmbH auf Nachbesserung in Anspruch genommen, verlangte die Beklagte am 14.08.2003 wegen eines noch offenen Werklohnanspruchs in Höhe von 301.501,49 € eine Sicherheit nach § 648 a BGB, setzte eine Frist bis zum 28.08.2003 und kündigte die Einstellung der Arbeiten an. Die Sicherheit wurde nicht geleistet.

Da die P. GmbH insolvent wurde, begehrte die Klägerin am 22.04.2005 aus abgetretenem Recht Mangelbeseitigung und stellte im Mai 2005 eine Sicherheitsleistung durch sie in Aussicht. Sie unterbreitete zwei Vergleichsvorschläge, wodurch sie sich im Wesentlichen bereit erklärte, einen Teil des Werklohns zu zahlen und in dieser Höhe Sicherheit zu leisten. Die Beklagte erwiderte, sie untersuche Möglichkeiten, im Wege der Ersatzvornahme zu einer wirksamen Behebung der Mängel bezüglich der Motoren zu kommen. Die Beklagte setzte ohne die Klägerin darüber zu informieren, dem Insolvenzverwalter der P. GmbH am 05.09.2005 eine Nachfrist nach § 648a Abs. 5 BGB bis zum 20.09.2005 mit der Ankündigung, jegliche Leistungen danach zu verweigern. Nach Ablauf der Nachfrist verweigerte die Beklagte am 10.10.2005 gegenüber der Klägerin die Mängelbeseitigung. Die Klägerin ihrerseits hat am 08.09.2005 von der Beklagten die Zahlung eines Vorschusses von 1.159.897,20 € gefordert und eine von der Beklagten gestellte Bürgschaft in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht zunächst Vorschuss auf Mängelbeseitigungskostengeltend gemacht. Diesem wurde stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit sie das Urteil des Landgerichts dem Grunde nach angegriffen hat.Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe
Ob die Abtretung der Gewährleistungsansprüche an die Klägerin wirksam ist, kommt es vorliegend nicht an. Die Beklagte hat ihrer Auftraggeberin wirksam eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist ist die Beklagte von ihrer Verpflichtung frei geworden, die Mängel zu beseitigen. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass die Gewährleistungsansprüche der Klägerin gemäß §§ 648a Abs. 5, 643 BGB erloschen sind. Der Unternehmer, der bereits erfolglos berechtigterweise eine Sicherheit nach § 648a Abs. 1 BGB verlangt hat, kann dem Besteller eines Bauwerks nach dessen Abnahme in sinngemäßer Anwendung des § 648a Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 643 Satz 1 BGB eine Nachfrist zur Sicherheitsleistung mit der Erklärung setzen, dass er die Mängelbeseitigung verweigere, wenn die Sicherheit nicht fristgerecht geleistet werde. Nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist wird er von der Pflicht zur Mängelbeseitigung frei, § 643 Satz 2 BGB. Das gilt auch, wenn die Parteien die Einbeziehung der VOB/B vereinbart haben.

Wird die Sicherheit trotz eines berechtigten und ordnungsgemäßen Sicherungsverlangens gemäß § 648a Abs. 1 BGB nicht gestellt, so ist der Unternehmer berechtigt, die Mängelbeseitigung zu verweigern. Er kann deshalb nicht in Verzug mit der Mängelbeseitigung geraten. Ein Kostenerstattungsanspruch oder ein Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten gemäß § 633 BGB kann nicht entstehen. Voraussetzung für ein berechtigtes Sicherungsverlangen ist, dass der Unternehmer bereit und in der Lage ist, die Mängel zu beseitigen. Hat der Unternehmer die Beseitigung der Mängel endgültig verweigert, so steht fest, dass er eine abzusichernde Vorleistung nicht mehr erbringen wird. Er kann sich dann nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 648a BGB berufen. Entfällt eine zunächst vorhandene Bereitschaft, Mängel nach Sicherheitsleistung zu beseitigen, so kann der Unternehmer in Verzug geraten und können die auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten gerichteten Ansprüche entstehen.

Quelle: Online-Redaktion - Beitrag vom 29.06.09