Die Ausübung eines Vorkaufsrechts für im Flächennutzungsplan ausgewiesene Wohnbauflächen ist zum Wohl der Allgemeinheit nur gerechtfertigt, wenn die Gemeinde alsbald die weiteren Schritte unternimmt, die für das Ziel, Wohnbauland bereit zu stellen, erforderlich sind. Dies hat das Verwaltungsgericht Mainz entschieden und einen Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben.
Darum geht es
Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag ein als Ackerland langfristig verpachtetes Grundstück, das mit einer Teilfläche im Bereich des Flächennutzungsplans als „Wohnbaufläche“ ausgewiesen ist. Die Gemeinde übte hinsichtlich der Teilfläche das Vorkaufsrecht „zum Zwecke der künftigen Entwicklung von Wohnbauflächen“ aus.
Dagegen wandte sich der Kläger erfolglos mit einem Widerspruch. Mit der erhobenen Klage machte er geltend, die beklagte Gemeinde wolle das Teilgrundstück nur zur Bodenbevorratung erwerben. Die Realisierung eines Baugebiets im Grundstücksbereich sei erst in weiter Zukunft zu erwarten, aktuell habe die Beklagte gerade erst damit begonnen, ein anderes Baugebiet zu verwirklichen.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Verwaltungsgericht Mainz hat der Klage stattgegeben und den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben.
Die Gemeinde dürfe das Vorkaufsrecht nur ausüben, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertige. Werde das Vorkaufsrecht auf einen Flächennutzungsplan gestützt, der Wohnbauflächen ausweise, müsse das Ziel der Schaffung von Flächen für den Wohnungsbau angestrebt werden.
Dies setze auch in zeitlicher Hinsicht dem Vorkaufsrecht Grenzen: Die Gemeinde müsse alsbald diejenigen (weiteren) Schritte vornehmen, um die Bereitstellung von Wohnbauland auch zu verwirklichen.
Im Regelfall werde dies die alsbaldige Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans gebieten. Zeitlich bestimmbare Verwirklichungsschritte seien im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbar.
Die Gemeinde, die aktuell bereits ein Baugebiet vermarkte, habe nicht festgelegt, welches der drei weiteren angedachten Bauerweiterungsgebiete sodann in welchem zeitlichen Rahmen und in welcher Reihenfolge einer Wohnbaunutzung zugeführt werden solle.
Das Gebiet, in dem das Kaufgrundstück gelegen sei, solle nach Äußerungen kommunaler Vertreter erst im Nachgang zu einer anderen Fläche überplant werden.
Die Planung einer Kreisverkehrsanlage, die auch der Erschließung des in Rede stehenden Baugebiets dienen könne, stelle keinen ausreichenden zeitlichen Zusammenhang her. Sie sei in anderem sachlichen Zusammenhang angestoßen worden und für die alsbaldige Bereitstellung von Wohnbauland auch nicht zwingend.
Verwaltungsgericht Mainz, Urt. v. 06.05.2020 - 3 K 616/19.MZ
Quelle: Verwaltungsgericht Mainz, Pressemitteilung v. 20.05.2020