Arbeitsrecht, Sozialrecht -

Sind Geschäftsführer Arbeitnehmer?

Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH ist regelmäßig kein Arbeitsvertrag und damit ein Geschäftsführer kein Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts. Das gilt auch, wenn der Geschäftsführer vor Ausspruch der Kündigung als Geschäftsführer abberufen wurde. Das hat das LAG Köln entschieden. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände ist von einem Arbeitsverhältnis auszugehen.

Sachverhalt

Im Frühjahr 2016 wurde ein Mann zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt. Die Parteien hatten einen Dienstvertrag geschlossen, der eine jährliche Vergütung des Geschäftsführers und eine Prämienzahlung vorsah. Die vereinbarte ordentliche Kündigungsfrist betrug zwölf Monate zum Monatsende.

Außerdem enthielt der Dienstvertrag eine Klausel, wonach sämtliche bestehenden Arbeits- oder Dienstverträge des Geschäftsführers mit der Gesellschaft oder verbundenen Gesellschaften aufgehoben wurden. Sie sollten auch nicht als ruhende Arbeitsverhältnisse fortbestehen.

Am 16.11.2017 wurde dann die Bestellung zum Geschäftsführer durch die Gesellschaft widerrufen und gleichzeitig wurde der Mann unter Fortzahlung der vertraglichen Bezüge von seiner Dienstpflicht freigestellt. Am 04.12.2017 kündigte die Gesellschaft dann auch den Dienstvertrag nach einem entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum 31.12.2018.

Dagegen legte der Geschäftsführer eine Klage beim ArbG ein und wollte die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung geltend machen. Die Gesellschaft hat die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gerügt und meinte, der ehemalige Geschäftsführer sei nicht als Arbeitnehmer tätig geworden. Das erstinstanzliche Arbeitsgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen. Dagegen ging der ehemalige Geschäftsführer in die Beschwerdeinstanz.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Das LAG Köln sah die Angelegenheit jedoch genauso wie die erste Instanz. Es verwies den Rechtsstreit an das zuständige LG Köln als Zivilgericht. Auch nach Ansicht des LAG war der Geschäftsführer kein Arbeitnehmer. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich für Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis zuständig. Und der Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers ist regelmäßig ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramts gerichteter, freier Dienstvertrag.

Das wurde auch nicht dadurch geändert, dass der Geschäftsführer vor der Kündigung abberufen worden war. Denn der rechtliche Charakter des Anstellungsverhältnisses des Geschäftsführers hatte sich dadurch nicht geändert. Durch den Abberufungsakt wird das Anstellungsverhältnis nicht zum Arbeitsverhältnis.

Es handelt sich um einen körperschaftlichen Rechtsakt, der keinerlei Einfluss auf den Fortbestand oder die Rechtsnatur des der Geschäftsführerbestellung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses hat. Auch leistete der Geschäftsführer keine weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Selbst Beschränkungen der Geschäftsführerbefugnisse, wie bei der Einstellung von Arbeitnehmern oder der Begründung von Dauerschuldverhältnissen, führen nicht zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses.

Auch Verpflichtungen des Geschäftsführers zur Anzeige von Dienstverhinderungen oder zur Abstimmung seines Urlaubs waren für seine Tätigkeit nicht prägend und erschienen dem LAG auch im Rahmen eines freien Dienstvertrages im Hinblick auf die Kontroll- und Informationsbedürfnisse der Gesellschafter als sinnvoll und geboten.

Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ließ sich auch nicht aus dem sogenannten „sic-non-Fall“ herleiten. Wenn die geltend gemachten Ansprüche lediglich auf eine arbeitsrechtliche Anspruchsgrundlage gestützt werden können, sind die Arbeitsgerichte zuständig. Das wäre der Fall, wenn es um die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses geht. Denn mit der Verneinung der Zuständigkeit wäre der Rechtsstreit dann in der Sache entschieden.

Würde der Rechtsstreit dann nämlich verwiesen, müsste das Gericht, wenn es der Begründung folgt, die zur Verweisung geführt hat, die Klage als unbegründet abweisen. Aber auch ein solcher Fall lag hier nicht vor, da die Klage nicht nur Klageanträge enthielt, die nur dann begründet wären, würde das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen sein und nach wirksamer Beendigung der Organstellung wiederaufleben.

Folgerungen aus der Entscheidung

Der Beschluss bedeutet jedoch nicht, dass ein Geschäftsführer nie wie ein Arbeitnehmer zu behandeln sei. Es kann auch Ausnahmen geben, aus denen sich ergibt, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis vorliegen könnte. Dann müssen jedoch zur Annahme eines solchen Arbeitsverhältnisses weitere Umstände hinzutreten. Aus diesen Umständen muss sich ergeben, dass der Anstellungsvertrag aufgrund der nach der Beendigung der Organstellung verrichteten Tätigkeiten nachträglich zum Arbeitsvertrag geworden ist.

Das könnte der Fall sein, wenn der ehemalige Geschäftsführer Ansprüche aus einem während der Zeit als Geschäftsführer nicht aufgehoben Arbeitsverhältnis geltend macht. Auch ist es durchaus denkbar, dass durch die tatsächliche Verrichtung von typischen Arbeitnehmertätigkeiten, die dementsprechend auch weisungsgebunden sein müssen, aus einem Geschäftsführer nach dessen Abberufung ein Arbeitnehmer wird. Dafür ist jedoch sicherlich viel Sachvortrag in einem entsprechenden Verfahren erforderlich – und hier lag der Fall ohnehin anders.

Praxishinweis

Geschäftsführer oder bereits abberufene Geschäftsführer sollten grundsätzlich nicht vor das Arbeitsgericht ziehen, auch wenn dieses sicherlich wegen des einen oder anderen Gesichtspunkts reizvoll sein kann. Insbesondere die Wahrung der dreiwöchigen Klagefrist aus § 4 Kündigungsschutzgesetz ist ein mächtiges Schwert, das Rechtsanwälte schon aus Regressgründen dazu bringt, vor das Arbeitsgericht zu ziehen. Eine Verweisung ist letztendlich stets möglich.

LAG Köln, Beschl. v. 30.08.2018 – 9 Ta 143/18

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader