Arbeitsrecht -

Nicht jede Beleidigung rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung

LAG Schleswig Holstein, Urt. v. 08.04.2010 - 4 Sa 474/09


Wenn ein Kraftfahrer zu einem Kundenvertreter mehrfach „Arschloch“ sagt, rechtfertigt das nicht immer eine fristlose Kündigung. Die notwendige Einzelfallprüfung und Interessenabwägung kann zu dem Ergebnis führen, dass gleichwohl nur eine Abmahnung ausreicht.{DB:tt_content:2566:bodytext}

Darum geht es:

Der Kläger war seit mehr als sechs Jahren als Kraftfahrer in einem Logistikzentrum tätig. Er hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach einen bestimmten Kunden über eine sehr enge Einfahrt mit einer sehr knapp bemessenen Durchfahrtshöhe unfallfrei beliefert. Bei einer solchen Anlieferung wurde er eines Tages von einer ihm unbekannten Person, letztendlich dem Liegenschaftsverwalter, nach der Bemerkung „Wie oft wollt ihr jetzt da oben noch gegen fahren?" in gereiztem Ton aufgefordert, nicht weiter zu fahren. Nach seiner Antwort: „Ich liefere hier seit Jahren und jetzt aus dem Weg, du Arsch" ergab sich ein Wortgefecht, in dem der Kläger sein Gegenüber noch mehrfach als „Arschloch" bezeichnet hatte. Der Kläger hatte ihn für einen „Wichtigtuer" gehalten. Der Arbeitgeber kündigte das bisher insoweit unbeanstandete Arbeitsverhältnis fristlos.

Das Landesarbeitsgericht sah ebenso wie bereits das Arbeitsgericht Neumünster keinen ausreichenden Kündigungsgrund.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Danach stellt das grob beleidigende Verhalten des Klägers zwar grundsätzlich einen erheblichen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar. Auch wenn es die Geschäftsbeziehungen des Arbeitgebers gefährde, müsse hier zugunsten des Klägers jedoch berücksichtigt werden, dass er nicht gewusst habe, wer sein Gegenüber war und dass es sich um einen Repräsentanten des Kunden handelte. Auch habe er in der Vergangenheit die beengten Verhältnisse stets ohne Schäden gemeistert. Eine Abmahnung hätte hier ausgereicht, um eine Wiederholung des beanstandeten Arbeitnehmerverhaltens auszuschließen.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein - Pressemitteilung vom 20.10.10