Arbeitsrecht -

Neuregelungen im Arbeitsrecht zum Mindestlohn

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und das Mindestarbeitsbedingungengesetz (MiArbG) dehnen den Schutz der Arbeitnehmer Mindestlohnregelungen weiter aus.

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz ist am 24.04.2009 in Kraft getreten, das Mindestarbeitsbedingungengesetz am 28.04.2009.{DB:tt_content:2566:bodytext}

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz bietet einen Rechtsrahmen, um tarifvertragliche Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einer Branche verbindlich zu machen, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Sitz im In- oder Ausland hat. Durch die Neufassung wird das Gesetz klarer und verständlicher gestaltet.

Sechs weitere Branchen werden mit der Neuregelung in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen:

  • Pflegebranche (Altenpflege und häusliche Krankenpflege)
  • Sicherheitsdienstleistungen
  • Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken
  • Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft
  • Abfallwirtschaft (einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst)
  • Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch

Insgesamt neun Branchen sind damit über das Arbeitnehmer-Entsendegesetz durch Mindestlöhne vor Lohndumping geschützt.

Das Mindestarbeitsbedingungengesetz hingegen ermöglicht die Festsetzung von Mindestarbeitsentgelten für die Wirtschaftszweige, in denen die tarifgebundenen Arbeitgeber bundesweit weniger als 50 % der unter den Geltungsbereich aller Tarifverträge fallenden Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen.

Ein dauerhaft einzurichtender Hauptausschuss prüft, ob in einem Wirtschaftszweig soziale Verwerfungen vorliegen und entscheidet, ob in diesem Wirtschaftszweig Mindestarbeitsentgelte festgesetzt, geändert oder aufgehoben werden. Ein Fachausschuss kann dann die konkrete Höhe des jeweiligen Mindestlohns anhand vorgegebener Kriterien durch Beschluss festlegen. Auf Vorschlag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales kann die Bundesregierung die vom Fachausschuss beschlossenen Mindestarbeitsentgelte als Rechtsverordnung erlassen.

Die Mindestarbeitsentgelte sind für alle in- und ausländischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zwingend und unabdingbar. Aus Gründen des Vertrauensschutzes gehen zu einem Stichtag bestehende Tarifverträge nach dem Tarifvertragsgesetz für die Zeit ihres Bestehens den festgesetzten Mindestarbeitsentgelten vor. Tarifverträge, mit denen die Tarifvertragsparteien diese ablösen, genießen ebenfalls Vorrang.

Zusammenfassung von Rechtsanwalt Arno Schrader:

Allgemeinverbindlichkeitserklärungen können keine flächendeckenden Mindestlöhne begründen. Es muss eine 50 %-ige Tarifbindung vorliegen und ein paritätisch zusammengesetzter Ausschuss muss zustimmen.

Das AEntG bietet die Möglichkeit von Mindestlöhnen, falls Branchen mit einer Tarifbindung von mindestens 50 % in das Gesetz aufgenommen werden. Die Umsetzung erfolgt durch Allgemeinverbindlichkeitserklärungen oder Rechtsverordnungen.

Durch das MiArbG können in den restlichen Branchen Mindestlöhne festgelegt werden.

Praxishinweis

Schauen wir uns an, was ein Rechtsberater künftig bei der Frage, welcher Lohn einem Arbeitnehmer zusteht, zu beachten hat.

Beim Blick in den Arbeitsvertrag und dessen Ergänzungsvereinbarungen sollten folgende Ansprüche nicht vergessen werden:

  • Anspruch aus einer verbindlichen Zusage,
  • Anspruch aus einem Tarifvertrag,
  • Anspruch aus einer Betriebsvereinbarung,
  • Anspruch aus dem Grundsatz der betrieblichen Übung,
  • Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz,
  • Rechtsverordnungen über Mindestarbeitsbedingungen nach dem AEntG.

Spätestens bei der Frage nach einem Tarifvertrag, die jetzt schon die wenigsten Arbeitnehmer genau beantworten können, wird es schwierig. Da hilft es auch nicht, auf die Verpflichtung des Arbeitgebers nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Nachweisgesetzes zu pochen. Da ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die Hinweispflicht sanktionslos ist, hält sich in der Praxis erfahrungsgemäß nahezu niemand daran. Und erst Recht wissen Arbeitnehmer in aller Regel nicht, in welcher Fassung ein Tarifvertrag gilt.

Also erklären wir unserem Mandanten unter welchen Voraussetzungen ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt (siehe dazu auch die Hinweise im Mandantenschreiben am Ende dieses Beitrags). Zu der Erläuterung, wann und wieso ein Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist gehört auch die Prüfung, ob das AEntG gilt. Zwar ergibt sich der Anspruch auch weiterhin aus dem Tarifvertrag oder in Zukunft aus einer auf dem AEntG beruhenden Rechtsverordnung. Falls man aber dem Arbeitgeber mit einer Prüfung durch die Zollverwaltung und einem Ordnungswidrigkeitsverfahren drohen kann, sollte der Rechtsberater das wissen.

Außerdem wird sich künftig die weitere Prüfung anzuschließen haben, ob es Mindestlöhne durch das MiArbG gibt.

Wenn bis jetzt kein Ergebnis betreffend den dem Arbeitnehmer zustehenden Lohn gefunden wurde, gilt gem. § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung, die sich am besten nach dem einschlägigen Tarifvertrag bestimmen lässt. Da der Hans-Böckler-Stiftung zufolge in Deutschland über 67.000 Tarifverträge gelten (Stand der Studie 2007), wovon jährlich zwischen 6.000 und 7.000 erneuert werden, ist der Richtige leider nicht so leicht zu finden. Und auch hier stellt sich die Frage, warum wir bei über 67.000 Tarifverträgen noch einen Mindestlohn benötigen, der durch derart komplizierte Regelungen eingeführt wird.

Musterschreiben an Mandanten:

  • für Arbeitnehmer zur Forderungsberechnung und
  • für Arbeitgeber zur bestmöglichen Forderungsabwehr

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis können sich aus verschiedenen Anspruchsgrundlagen ergeben. Wir als Ihre Rechtsberater versuchen, möglichst sämtliche Ansprüche zu prüfen. Natürlich sind uns die einzelnen Gesetze und Tarifverträge bekannt. Um prüfen zu können, ob Sie auch Ansprüche aus anderen Grundlagen haben, sind wir auf Ihre Mithilfe angewiesen. Daher bitten wir Sie um die Beantwortung der folgenden Fragen:

Name: ...
Vorname: ...
Geburtsdatum: ...
Familienstand: ...
Steuerklasse: ...
Arbeitgeber/Branche: ...
beschäftigt als: ...
beschäftigt seit/vom ... bis ...
letztes Monatsgehalt: ..
letzter Stundenlohn(Grundvergütung): ...
Zulagen: ...
Zuschläge: ...
Provisionen: ...
Prämien: ...
Gratifikationen: ...
sonstige Vergütungsformen: ...

Bitte überlassen Sieuns zusätzlich eine Kopie Ihres Arbeitsvertrags und soweit vorhanden der zugehörigen Änderungs- und Ergänzungsvereinbarungen.

Ist Ihnen bekannt, ob in Ihrer Branche Mindestlöhne nach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz (MiArbG)gezahlt werden?

Ist Ihnen bekannt, ob auf Ihr Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag Anwendung findet? Wenn ja, welcher?

Besteht eine Betriebsvereinbarung mit Vorschriften zur Arbeitsvergütung (z.B. Gratifikationen, Art der Lohnzahlung)?

Gibt es eventuell eine den Arbeitslohn betreffende verbindliche Zusage Ihres Arbeitgebers oder eine entsprechende betriebliche Übung?

Ist Ihnen bekannt, ob andere Arbeitnehmer in Ihrem Betrieb für dieselbe Tätigkeit eine höhere Vergütung erhalten, könnte also eine Ungleichbehandlung vorliegen?

Hinweise
Falls die Branche, in der Sie arbeiten, in das Arbeitnehmer-Entsendungsgesetz aufgenommen wurde, gilt Folgendes: Es gelten die Tarifverträge, die für allgemeinverbindlich erklärt wurden oder für die eine entsprechende Rechtsverordnung erlassen wurde.

Ein Tarifvertrag kommt zur Anwendung, wenn

  • beide Parteien tarifgebunden sind, also eine Mitgliedschaft in dem entsprechenden Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft besteht oder
  • ein Firmentarifvertrag geschlossen wurde oder
  • die Geltung eines Tarifvertrags beispielsweise im Arbeitsvertrag vereinbart wurde oder
  • ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wurde.

 

Bitte geben Sie uns entsprechende Tipps, und informieren Sie uns vollständig, damit wir gemeinsam die bestmögliche Lösung finden können. Vielen Dank!

 

Hinweis der Redaktion:

Weitergehende Erläuterungen zur normativen Wirkung eines Tarifvertrags sowie zu den Fragen, unter welchen Voraussetzungen ein Tarifvertrag zur Anwendung kommt und wann/wieso ein Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist finden Sie im PraxisModul Arbeits- und Sozialrecht.

Machen Sie jetzt den 14 Tage Praxistest!

 

Quelle: Rechtsanwalt Arno Schrader - Beitrag vom 04.05.09