Arbeitsrecht -

Menschenauflauf als Streikmittel erlaubt

Die Gewerkschaft ver.di darf zur Ergänzung laufender Streikmaßnahmen zu so genannten „Flashmob“-Aktionen aufrufen, bei denen viele Personen in bestreikten Einzelhandelsgeschäften den Kassenbereich blockieren sollen.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Berufung des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg (HBB) zurückgewiesen, mit welcher der Gewerkschaft ver.di der Aufruf zu so genannten „Flashmob“-Aktionen untersagt werden sollte, bei denen viele Personen in bestreikten Filialen seiner Mitgliedsunternehmen zur Blockade des Kassenbereichs Pfennigartikel kaufen bzw. Einkaufswagen voll packen und stehen lassen sollen.
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Begriff (Definition aus "Wikipedia")

Der Begriff Flashmob (flash – Blitz; mob – von mobilis – beweglich), auch Blitzauflauf, bezeichnet einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen, bei denen sich die Teilnehmer üblicherweise persönlich nicht kennen. Flashmobs werden über Weblogs, Newsgroups, E-Mail-Kettenbriefe oder per Mobiltelefon organisiert. Obwohl die Ursprungsidee explizit unpolitisch war, gibt es mittlerweile auch Flashmobs mit politischem Hintergrund.

Entscheidungsgründe des LAG Berlin-Brandenburg

Derartige Aufrufe zur Ergänzung laufender Streikmaßnahmen seien zulässig und durch die den Tarifvertragsparteien zugewiesene freie Wahl der Kampfmittel grundrechtlich geschützt.

Sie seien nicht offensichtlich ungeeignet oder nicht erforderlich, um das Ziel des Arbeitskampfes, den Abschluss des Tarifvertrages zu erreichen.

Der Aufruf zu derartigen Aktionen sei auch nicht unangemessen in Abwägung mit den kollidierenden Rechtspositionen Dritter. Die in der Filiale tätigen Arbeitnehmer könnten erkennen, dass eine derartige Aktion sich nicht gegen sie selbst, sondern gegen das jeweilige Mitgliedsunternehmen richte, weshalb sie nicht in ihrer Menschenwürde beeinträchtigt würden. Eigentumsverletzungen beabsichtigten die Aktionen nicht, weil in den Aufrufen explizit darauf hingewiesen werde, keine Frischwaren einzupacken. Das Recht des jeweiligen Mitgliedsunternehmens des Klägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, das nur ein Rahmenrecht sei, überwiege nicht das in Art. 9 Abs.3 GG geschützte Recht der Beklagten zur Auswahl der Kampfmittel im Arbeitskampf. Soweit der Kläger durch den Aufruf auch an Außenstehende besondere Exzessgefahren befürchte, seien diese gegenüber sonstigen Arbeitskampfmaßnahmen nicht erheblich verstärkt, da die Gewerkschaft nur die Handy-Nummern von den Interessenten begehre, und bei Absendung der SMS zur Benachrichtigung über Zeitpunkt und Ort der jeweiligen Aktion noch auswählen könne, wie viele und welche der Interessenten sie zu der Aktion tatsächlich einlade.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen.

Az: 5 Sa 967/08

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg - Pressemitteilung vom 29.09.08