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Arbeitsrecht -

Kündigung wegen Wettbewerbstätigkeit

 

Hess. LAG, Urt. v. 28.01.2013 - 16 Sa 593/12

Verstößt ein Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot und übt eine Konkurrenztätigkeit aus, kann das eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Handelt es sich aber um gänzlich untergeordnete Tätigkeiten, wird der Arbeitgeber dies seinem Arbeitnehmer zugestehen müssen. Der Einzelfall ist dabei genau zu prüfen.{DB:tt_content:2566:bodytext}

Darum geht es

Ein Arbeitnehmer war seit sieben Jahren beschäftigt. Sein Arbeitgeber hatte einen Betrieb für Abflussrohrsanierungen und der Arbeitnehmer war dort als Rohrleitungsmonteur beschäftigt. Im August 2007 wurde er von seinem Arbeitgeber zu einer Kundin geschickt, um Abflussrohre in Küche und Keller mit einer Spezialkamera zu begutachten. Einige Tage später begab er sich abermals zu der Kundin - allerdings ohne Auftrag des Arbeitgebers - und verlegte bei ihr neue Abflussrohre zur Behebung des Schadens. Er verlangte 900 € in bar, die die Kundin an ihn zahlte. Eine Rechnung stellte er nicht aus und gab das Geld auch nicht an seinen Arbeitgeber weiter. Erst Mitte 2011 erfuhr der Arbeitgeber von diesem Vorfall und kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Kundin hatte bei ihm wegen einer Nachbesserung der mangelhaften Leistungen des Arbeitnehmers vorgesprochen. Gegen die ausgesprochen fristlose Kündigung klagte der Arbeitnehmer.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Durch die Konkurrenztätigkeit hat der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten massiv verletzt. Das Hessische Landesarbeitsgericht entschied, dass ein Arbeitnehmer im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste und Leistungen nicht anbieten dürfe. Dem Arbeitgeber soll dieser Bereich uneingeschränkt und ohne die Gefahr nachteiliger Beeinflussung durch die eigenen Arbeitnehmer offenstehen.

Auch das Bundesarbeitsgericht leitet aus den dem Arbeitsvertrag folgenden Neben- und Treuepflichten ein allgemeines Wettbewerbsverbot im Arbeitsverhältnis her. Es besteht also auch dann, wenn der einzelne Arbeitsvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält. Eine entsprechende Regelung für Handlungsgehilfen findet sich in den §§ 60, 61 HGB. Ferner findet sich eine entsprechende Regelung in § 241 Abs. 2 BGB. Danach kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Der Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbots liegt letztendlich darin, dass demjenigen die Rendite aus einer Investition zusteht, der auch das Risiko für ihre Rentabilität trägt. Und das ist eben im Regelfall der Arbeitgeber. Weiterhin soll der Arbeitnehmer vorhandene Fähigkeiten und Kenntnisse nicht verwerten dürfen, wenn er damit zu seinem Arbeitgeber in Wettbewerb tritt. Aufgrund dieses Zwecks ist das Wettbewerbsverbot aber auch darauf zu reduzieren, dass der Arbeitnehmer überhaupt in einem Handelszweig des Arbeitgebers tätig wird, also tatsächlich ein Wettbewerb vorliegt. Die bisherige höchstrichterliche Arbeitsrechtsprechung war bislang sehr streng. Der Arbeitnehmer durfte insbesondere im Marktbereich seines Arbeitgebers Dienste oder Leistungen Dritten nicht erbringen oder anbieten. Dem folgt auch das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts.

Folgerungen aus der Entscheidung

Die jüngere Rechtsprechung scheint jedoch einen Wandel anzudeuten. Ausgangspunkt ist dabei das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.03.2010 (10 AZR 66/09). In diesem Urteil war eine Arbeitnehmerin langjährig als Briefsortiererin beschäftigt. Sodann teilte sie ihrem Arbeitgeber mit, dass sie früh morgens eine Nebentätigkeit als Zeitungszustellerin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von sechs Stunden bei einem anderen Unternehmen ausübe. Dieses Unternehmen stellte zwar auch Briefe und andere Postsendungen zu, die Arbeitnehmerin war jedoch nur mit der Zustellung von Zeitungen beauftragt. Als der Hauptarbeitgeber die Ausübung der Nebentätigkeit untersagte, ging es bis vor das Bundesarbeitsgericht. Dieses urteilte, dass grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil des Arbeitgebers untersagt sei. In dem entschiedenen Fall reichte das allerdings nicht. Zwar waren beide Unternehmen auch im Bereich der Briefzustellung in unmittelbarer Konkurrenz tätig. Die Arbeitnehmerin war aber nicht im Bereich der Briefzustellung im Nebenjob tätig, sondern im Bereich der Zeitungszustellung. Durch die Nebentätigkeit wurden die schutzwürdigen Interessen der Hauptarbeitgeberin nicht beeinträchtigt. Und eine nur untergeordnete wirtschaftliche Unterstützung des Konkurrenzunternehmens reiche für eine Kündigung nicht aus. Damit dürfte bei insbesondere einfachen Tätigkeiten eine Aufweichung des Wettbewerbsverbots durch die Rechtsprechung anstehen. Dabei wird es allerdings auf den Einzelfall ankommen.

Praxishinweis

Konkurrenztätigkeit ist eben nicht gleich Konkurrenztätigkeit. Handelt es sich aber um gänzlich untergeordnete Tätigkeiten, wird der Arbeitgeber dies seinem Arbeitnehmer zugestehen müssen. Damit wird in der Praxis allerdings das Problem erst beginnen. Wann liegen solche einfachen Tätigkeiten vor? Es wird stets eine Abwägung der Umstände des Einzelfalls erforderlich sein. Nicht vorliegen darf jedenfalls eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Hauptarbeitgebers. Bei dem Rohrleitungsmonteur im Ausgangsfall ist die Sache eindeutig. Bei der Zeitungszustellerin wohl auch, wenn diese für zwei Unternehmen Zeitungen ausgetragen hätte, denn dann könnte sie dem einen ihrer beiden Arbeitgeber mitteilen, welcher Kunde welche Zeitung erhält. Und hierin liegen sehr wohl eine Gefahr und eine Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers. Wenn jedoch schon Zeitungsboten aus dem Schema herausfallen dürften, welche Art von Arbeitnehmer bleibt dann übrig? Letztendlich muss auch den Interessen der Arbeitgeber Rechnung getragen werden. Ein gewisses Unbehagen kann einem Arbeitgeber nicht abgesprochen werden, wenn dieser weiß, dass ein Arbeitnehmer - sei er auch mit noch so einfachen Tätigkeiten betraut - beim direkten Konkurrenten arbeitet.

Quelle: RA Arno Schrader - vom 28.05.13